Gulda, Friedrich: Der Komponist Gulda - warum so unbekannt?

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Wilke
Inventar
#1 erstellt: 24. Apr 2012, 06:51
Gestern abend war ich im Konzert. Es wurde unter anderem Guldas Konzert für Cello und Blasorchester
gespielt. Ich fand dieses Konzert einfach nur toll, beeindruckend.

Gulda als Komponist ist für mich völlig unbekannt. Wie kommt es, dass er anscheinend nicht so anerkannt ist wie z.B. Debussy, Webern, um nur mal 2 Komponisten zu nennen.

gruß Ralf.
HansFehr
Inventar
#2 erstellt: 24. Apr 2012, 09:19
Also mir ist er bestens bekannt. Leider auch durch sein unkonventionelles Auftreten.

Ganz gut gefallen mir die Einspielungen mit Joe Zawinul. Gulda hat sich intensiv mit Jazz befasst.
Jason_King
Inventar
#3 erstellt: 24. Apr 2012, 12:15
Nicht zu vergessen die Veröffentlichung von Anfang der Siebziger Jahre zusammen mit Paul und Limpe Fuchs als "Anima" die seinerzeit auf dem Pilz-Label von Rolf-Ulrich Kaiser erschienen ist.
Das ist in der Tat schon sehr ungewöhnliche Kost. Aber nicht uninteressant.
Gruß...Jason
teleton
Inventar
#4 erstellt: 25. Apr 2012, 07:57
Hallo Wilke,

seit dem ich das Konzert für Cello und Blasorchester (1980) gehört habe, hatte ich mir vorgenommen mehr von Fridrich Gulda zu testen, zu hören. Der hat noch so ein paar (total unbekannte) Klöpse auf Lager. Das Konzert ist wirklich Klasse - von Jazz einsprengseln bis zur Österreichichen Almmusik (und das ganz fetzig) ist alles dabei - geniale Musik.
*** Interessant zu erwähnen, das das Cello elektrisch verstärkt werden muss, da es sonst vom begleitenden Blasorchester übertönt wird ! Das Cello klingt daher sehr vordergründig und voll.

Ich habe diese wirklich sehr gute Aufnahme (mit dem komischen Cover, das wirklich in musikalischer Qualität nichts mit dem Inhalt zu tun hat):

amazon.de
Amati, 1993, DDD
Frank1970
Stammgast
#5 erstellt: 25. Apr 2012, 09:10
Hallo Ralf,

motiviert durch deinen und Wolfgangs Beitrag, muss ich mir das Konzert für Cello und Blasorchester in den nächsten Tagen unbedingt mal anhören! Habe es als Aufnahme im Rahmen dieser Box hier:

jpc.de

Die wunderschöne erste CD der Box habe ich sogar schon mehrfach gehört - aber zu CD 3 mit dem Konzert bin ich noch nicht gekommen. Dies werde ich nun ändern und hier dann kurz berichten.

Viele Grüße
Frank
Wilke
Inventar
#6 erstellt: 25. Apr 2012, 11:00
Ich bin mal gespannt auf Deinen Bericht!
(diese cd habe ich übrigens auch im Fokus - wie sind denn die anderen Stücke klangmäßig - wahrscheinlich viele "Husteinlagen" - da live aufgenommen?).gruß Ralf
Frank1970
Stammgast
#7 erstellt: 25. Apr 2012, 12:56
Hallo Ralf,

schon mal vorab zu deiner Frage - gut kenne ich bisher die erste CD mit folgenden Stücken:

Schumann: Klavierquartett op. 47
Mendelssohn: Cellosonate Nr. 2 op. 58
Schumann: Fantasiestücke op. 73

Hier ist die Klangqualität sehr gut - wie bei bisher allen Argerich/Lugano-Aufnahmen, die ich kenne. An Huster kann ich mich gar nicht erinnern, obwohl ich da ansonsten auch eher empfindlich bin! Etwas Applaus ist jedoch mit auf den CDs drauf. Die Schumann Fantasiestücke gibt es in der selten zu hörenden Fassung für Klavier und Flügelhorn - wunderschön!

Beim Gulda-Konzert habe ich eben mal in die JPC-Schipsel reingehört - das wird auf jeden Fall spannend - ist für mich noch ganz offen, wie mir dies in Gänze dann gefällt. Aber ich denke es ist schon mal verdienstvoller dieses Stück aufzuführen und aufzunehmen, als die x-ten Piazzolla-Arrangements (obwohl ich solche gelegentlich auch gerne höre).

Viele Grüße
Frank
Frank1970
Stammgast
#8 erstellt: 26. Apr 2012, 14:34
Hallo zusammen,

so, ich habe Guldas Konzert für Cello und Blasorchester nun zum ersten mal aus der Lugano-Box gehört. Ich habe keinen Vergleich zu anderen Aufnahmen. Klangtechnisch ist die Aufnahme sehr gut und dass es sich um eine Live-Aufnahme handelt, merkt man erst beim Schlussapplaus.

Ohne dass ich bisher irgendwas an Hintergrundinfos zum Werk gelesen hätte, bin ich spontan weder abgeschreckt, noch begeistert. Faszinierend wie das das Cello im ersten Satz sehr virtuos fast wie eine E-Gitarre klingt. Das im selben Satz streckenweise recht einfallslos begleitende Schlagzeug, nervt mich persönlich aber. Danach geht es dann erst mal ruhiger weiter. Guldas teils skurriler Humor spiegelt sich für mich auch in diesem Konzert wieder und hat mich doch immer wieder zum Lächeln gebracht. Anderes fand ich dann wieder eher belanglos. Der schwungvolle letzte Satz mit der "alpenländischen Musik" macht dann richtig Laune. So was wie der dreifach plakative Schluss, ist eher nicht so mein Ding - aber zu diesem Konzert hier passt es wohl!

Viele Grüße
Frank
Wilke
Inventar
#9 erstellt: 27. Apr 2012, 07:11
Hallo Frank,

vielen Dank für Deine Eindrücke. Geschmäcker sind halt verschieden, mir gefällt das Stück insgesamt ganz gut, wobei ich das Schlagzeug - genauso wie Du - auch für überflüssig halte. Anscheinend - wie ich Deinen
Eindrücken entnehmen kann - scheint das Cello auf der Lugano cd elektrisch verstärkt zu sein.
Das war beim Konzert in der Düsseldorfer Tonhalle nicht der Fall!

Jedenfalls fand ich das Konzert erfrischend - aber auch Mahlers 4te Sinfonie gefiel mir gut, wobei diese doch schwerer zu hören ist, da man Themen nicht so wiedeerkennt.
gruß Ralf.
Frank1970
Stammgast
#10 erstellt: 27. Apr 2012, 08:54
Hallo Ralf,

nein, das Cello bei der Lugano-Aufnahme klingt nicht elektrisch verstärkt. Es ist zwar in der räumlichen Instrumentenanordnung im Vordergrund, aber auch wieder nicht so auffällig vordergründig, wie eventuell in der von Wolfgang beschriebenen Aufnahme. Ins Booklet habe ich aber immer noch nicht geschaut...
Mit meiner wohl missverständlichen Aussage, das Cello klänge im ersten Satz wie eine E-Gitarre, wollte ich eher das ungewöhnliche Ausdrucksspektrum beschreiben - wohl das, was du an anderer Stelle hier im Forum als jazzig beschreibst. Dabei finde ich es durchaus faszinierend, was ich im ersten Satz vom Cello höre - nur die Begleitung der anderen Instrumente macht für mich da einiges wieder kaputt.

Falls dich die Lugano-Box weiter interessiert. Gestern habe ich dann endlich die zweite CD gehört. Dort war das Tanejew Klavierquintett (Sergei Iwanowitsch Tanejew und nicht Alexander Sergejewitsch Tanejew ;)) für mich eine unheimlich tolle Entdeckung! Vielleicht nehme ich mir beim weiteren Durchhören auch das Gulda-Konzert noch mal vor (alles oben von mir dazu geschriebene sind halt meine ersten Eindrücke nach ein mal hören). Insgesamt finde ich die Lugano-Box 2006 sehr empfehlenswert!

Noch ein paar Sätze zu deiner Ursprungsfrage. Auch wenn Debussy und Webern im Vergleich zu anderen Komponisten relativ wenig Werke hinterlassen haben, so sind diese doch ein Vielfaches von Guldas kompositorischen Hinterlassenschaften. Natürlich zählt nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität. Ansonsten müsste ja auch z.B. Milhaud bekannter und anerkannter sein, als Debussy, was er jedoch nicht ist (obwohl trotzdem ein sehr interessanter Komponist). Gulda wird wohl immer als Interpret von Musik in Erinnerung bleiben und nicht so sehr als Komponist. Es sei denn es werden in irgendeiner Schublade noch mindestens 10 große, unbekannte und geniale (wer immer auch definiert was nun "genial" ist) Werke von ihm entdeckt! Solange dies nicht geschieht, sieht es so aus, dass Debussys und Weberns Bedeutung bereits durch die Geschichte und die hinterlassene Musik bewiesen sind, während ich Guldas paar Werken keine Erfolgsaussichten einräume da noch gleichzuziehen. Ein besserer Vergleich wäre natürlich ein Komponist, der auch erst Jahrgang 1930 oder später ist. Doch ein solcher Komponist ohne Interpretenkarriere mit einer ähnlicher Anzahl und Qualität (wer immer da jetzt wieder drüber befindet) von komponierten Werken wäre noch viel unbekannter als Gulda...

Viele Grüße
Frank
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