Bowers&Wilkins P9 Signature - Erfahrungsbericht

Seit einigen Monaten besitze ich den Bowers &. Wilkins P9 und teile hier meine Erfahrungen mit euch. Im übrigen habe ich im Netz viel zu den KH nachgelesen und fand, dass eigentlich wenig von Substanz vorhanden ist. Meine Vermutung ist, dass aufgrund des iPhone Anschlusses viele Nutzer den P9 nur mit weniger guten Quellen und ohne DAC benutzen, aber dazu später.

Als erstes mein Fazit: Der P9 ist ein fantastischer KH, leicht zu betreiben und perfekt fuer das was er meiner Meinung nach sein soll, ein audiophiler KH fuer unterwegs. Dabei kommen seine Staerken wirklich erst mit einem DAC zu tragen.

Hier aber alles im Detail. Erst einmal sieht der KH sehr schick aus, man kann es nicht anders sagen. Eigentlich ist braun nicht meine bevorzugte Farbe, aber die Kombination aus silberfarbigem Seitenbuegel, B&W Logo auf schwarz und Dekor-Streifen ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Die Verarbeitung ist absolut top, nichts wackelt, klappert oder wirkt billig. Der KH ist solide ohne wie ein bolide zu wirken, das Gewicht ist ausgewogen mit circa 420 Gramm. Die Lederpolster lassen sich leicht abnehmen mit einer Magnetverriegelung, und das leichte, flexible Kabel ist einfach auszutauschen (siehe Foto).





Hier zeigt sich das erste Zugestaendnis des eigentlich audiophilen P9s an ein anderes, entspannteres Zielpublikum. Kein dickes Kabel mit Anschluessen rechts und links, einfach nur ein schlankes, flexibles Kabel ohne weiteren Schnick-Schnack. Ein Nordost Kabel fuer tausend Euro wird hier keine Anwendung finden, und meiner Meinung nach ist das auch gut so. Mitgeliefert wurden ein kurzes und langes 3.5mm Kabel, und zusätzlich habe ich das Lightning-Kabel erworben, dazu spaeter mehr.

Der Tragelkomfort ist am Anfang nicht allzu hoch, meiner Meinung nach - oder fuer meinen Kopf - war der Buegel eindeutig zu fest, und die Ohrmuscheln drückten stark. Dies hat sich jedoch nach ein paar Monaten mit dem P9 eindeutig verbessert, der Buegel passt sich an. Am Anfang war es jedoch stoerend, insbesondere mit Brille. Andererseits ist der KH mobil sicher auf dem Kopf, und ich kann nach oben und unten sehen ohne Angst zu haben dass der P9 abrutscht.

Jetzt zum Klang, was wie immer ein subjektives und schwieriges Thema. Ich versuche es mal: Der P9 zeichnet sich durch einen starken Bass mit einem gewissen “oomph” aus, ohne dass dieser ausser Kontrolle ist oder die Hoehen ueberstrahlt. Die mittlere Tonhöhe wird exzellent abgebildet, nichts ist zu weit im Vorder- oder Hintergrund. Die Buehne ist fuer einen geschlossenen KH ausreichend gross. Der KH macht klanglich Freude, und der Kaufpreis ist meiner Meinung nach voll angemessen. Ich habe viele höherpreisige Konkurrenzprodukte gehört, denen der Bowers klar ueberlegen ist. Besonders gefällt mir beim P9, dass er extrem vielseitig einsetzbar ist - mit ihm macht Klassik genau so viel Freude wie Techno oder Folk. Bei Klassik haben Instrumente ein erstaunliches Volumen, eine grosse Freude etwa bei Piano und Klavierkonzerten. Herausragend finde ich den P9 bei Metal - da das Bass-Spektrum so tief und voluminös ist glänzt der P9 hier ganz besonders. Masters of Puppets ist mit dem P9 wirklich ein Erlebnis, ich habe mit KH bisher nichts besseres erlebt.

Ich habe noch einen weiteren high-end KH, den Sennheiser HD800S. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass der P9 alles kann, was der HD800S eben weniger gut bewältigt. Der P9 mag natuerlich wie alle high-end KH gute Quellen lieber, geht aber souverän mit schlechten Quellen zB älteren MP3s um, sie klingen gut aufbereitet. Der HD800s dagegen ist gnadenlos, was ja auch den größten Kritikpunkt beim Sennheiser unterstreicht: Der ist ein Analytiker. Der Bowers & Wilkins P9 ist ein Spass-Kopfhörer im allerbesten Sinne. Mit 22 Ohm ist er leicht zu betreiben, er hat ein 3.5mm Kabel. Der P9 ist nichts fuer Heimhocker auf dem Sofa, ein “audiophile-on-the-go” KH, sozusagen. Oder fuer ein Hörerlebnis im Buero ohne Kompromisse, mein Einsatzgebiet fuer den P9 :).

Bei aller Kulanz mit Quellen ist ein portabler DAC mit dem P9 wirklich ein Muss. Ich habe bei Bowers das Lightning-Kabel bestellt, womit ich den P9 direkt in mein iPhone stoepseln kann, und das ist keine gute Idee. Ein portabler DAC (e.g. IFI, Dragonfly) wird benoetigt, um das Potential auch nur annaehrend auszuschoepfen. Ich benutze ein NextDrive Spectra (ein Review folgt) und die Unterschiede zum Lightning-Kabel sind atemberaubend. Ohne AMP/DAC sind die Gitarren bei PJ Harvey ein schlimmer Matsch, es passiert so viel bei ihren Songs. Mit dem Spectra sind die Instruments sauber getrennt, die Dynamik ist weitaus besser und es klingt —- einfach nur gut.

Es ist wohl genau dieser Punkt woher die oft geäußerte Kritik am P9 in Form von “klingt ok aber auch nicht besser als der P7 - kommt. Es liegt entweder an mangelnder Qualitaet bei den Quellen, oder am nicht vorhandenen AMP/DAC, da viele den P9 einfach in ihr iPhone stecken und dann enttäuscht sind. Sie wissen nicht, was ihnen entgeht ...

Mein Urteil: 10/10 fuer einen gut aussehenden geschlossenen KH mit tollem Klang und wenig Ansprüchen ans Betreiben (ein portabler DAC genügt). Vom Sound her fun-orientiert

In der Zwischenzeit habe ich mir den P9 gekauft da sich eine Gelegenheit in der Nähe ergab. Im Gegensatz zu meinem Grado bzw. P3 habe ich für meinen Eindruck ein Schritt nach vorne gemacht. Ob ein „mehr“ noch möglich ist will ich dann gerne testen wenn es die Gegebenheiten wieder zulassen.
Auf jedem Fall werde ich noch Ausschau nach einem kleineren mobilen Kopfhörer halten da der P9 für unterwegs zu groß ist. Der P3 ist für unterwegs schon ideal, nur klanglich ist da doch gehörig Luft nach oben.