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Wulff war / Gauck ist unser neuer Präsident

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tsieg-ifih
Gesperrt
#4073 erstellt: 20. Mrz 2012, 12:28

Ansonsten fand ich den Start von Gauck als BP gar nicht so übel. Der Mann ist schon von seiner Persönlichkeit und von seinem Stil her (unabhängig davon, ob man ihn nun mag oder nicht) ein ganz anderes Kaliber als Wulff.

Das ist wie mit der Energieversorgung, mittlerweile ist alles andere besser als Atomkraft ..
und nein, Gauck wird nicht zum Polit-Super-GAU wie Causa-Wulff, aber im Gegensatz zu Angie's Vorzimmerhund Wulff aus dem Ponyhof ist Gauck kein Devot,
sondern eine Katze mit souveränen Kopf, die auch mal kratzen kann wenn's sein muss und ich hoffe auf sehr scharfe Krallen die manchen Politikern die Augen auskratzen
hifi-angel
Stammgast
#4074 erstellt: 20. Mrz 2012, 13:21
Bei allem Respekt, aber man sollte die Kirche im Dorf lassen.

Welche (wirklich wichtige) Funktion hat denn ein BP in Deutschland. Ja,ja, er hat die Kraft der Worte. Toll! Er hat sicherlich wichtige repräsentative Aufgaben, ohne diese kommt auch Deutschland nicht aus, und laut GG ist er auch die letzte Instanz wenn die Demokratie durch das Parlament missachtet wird.

Er ist nicht der Anwalt des enttäuschten Volkes oder Teile davon, der den Politikern (wenn wir es schon nicht schaffen!) den rechten Weg weist. Oder wie es tsieg-ifih hofft, dass er mit seinen scharfen Krallen manchem Politiker mal die Augen auskratzt. So nach dem Motto, der ist einer von uns und der wird denen da oben mal zeigen wo es lang geht!

Mir scheint wir projizieren alle unsere Wünsche an eine gerechtere Gesellschaft in dieses Amt und hoffen uns dadurch Veränderungen.
Solange die jeweils aktiven BP keinen Bockmist machen (wie Wulff) interessiert uns doch sowieso nicht was da läuft. Es bleiben so fundamentale Sätze in Erinnerung "Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen" und " Auch der Islam gehört zu Deutschland" usw. Und was bewirkt das? Nichts! Kann auch nicht, da der BP sich aus allem Operativen raushalten muss. In dieser Hinsicht ist die Funktion eines BP wie ein "Papiertiger".

Nur jeder neuer Papiertiger hat wieder seine neue "Sprechblasen". Diesmal ist es Freiheit, Freiheit, Freiheit. Und solange er keine silbernen Löffel klaut, kann ja der jeweilige BP mit seinen Sprechblasen überaus wichtige Denkanstöße für irgendwelche Stammtische geben. Nur Einfluss auf die Politik hat das nicht. Änderungen gehen immer vom Volk aus, nicht von den Volksvertretern, sollte dem Neuen aber aus eigener Erfahrung auch bekannt sein.

Umso mehr verwundert es, dass er sich ein eher negatives Urteil über aktuelle "Bürgeraufstände" erlaubt. Aber bei einem Papiertiger ist es ja auch egal, was gerade in der Sprechblase steht.

Und bei Gauck könnte es sich, entgegen dem aktuellen Image, sogar um einen zahnlosen Papiertiger handeln, denn die Lobbyisten brauchen ihm nur das Stichwort " Freiheit in Gefahr" zu geben und er ist für Jahre beschäftigt.
Er wird dann wie eine Gebetsmühle seinen Leidensweg als Freiheitskämpfer vorbringen und mahnend die Freiheit (bzw. seinen Freiheitsbegriff) als ewig Gestriger verteidigen.


[Beitrag von hifi-angel am 20. Mrz 2012, 13:50 bearbeitet]
ZeeeM
Inventar
#4075 erstellt: 20. Mrz 2012, 14:06
Wulff will mit Allem:
http://www.stern.de/...sorgung-1802404.html

Ich finde das Amt des BP muss weg und wieder ein repräsentativer König her. Die Politiker sollen auch im Parlament lustige Klamotten und Perücken tragen- Verdient hätte das Land Dieter Bohlen als König, wobei ich persönlich für Helge Schneider voten würde.
monsterbox
Stammgast
#4076 erstellt: 20. Mrz 2012, 14:25
Wer weiß, wo der dann "dummerweise mit seinem Hermelin hängen bleibt"
tsieg-ifih
Gesperrt
#4077 erstellt: 20. Mrz 2012, 14:29

Verdient hätte das Land Dieter Bohlen als König, wobei ich persönlich für Helge Schneider voten würde.

wobei Bohlen mit Schneider zu vergleichen genauso blasphemisch wäre wie Wulff mit Gauck.
hifi-angel
Stammgast
#4078 erstellt: 20. Mrz 2012, 14:30
Haben wir denn da nicht noch einen im Exil lebenden König auf Mallorca?
Allerdings fliegt der immer umsonst mit der AirBerlin. Ich hatte schon mal die Ehre neben diesem König im Flieger zu sitzen.
cbv
Inventar
#4079 erstellt: 20. Mrz 2012, 14:31
Und das gibst Du auch noch zu?
hifi-angel
Stammgast
#4080 erstellt: 20. Mrz 2012, 14:32
War ja schon alles ausgebucht. Und keiner wollte mit mir den Platz wechseln.
Schnuckiputz
Stammgast
#4081 erstellt: 20. Mrz 2012, 14:35

hifi-angel schrieb:

Und bei Gauck könnte es sich, entgegen dem aktuellen Image, sogar um einen zahnlosen Papiertiger handeln, denn die Lobbyisten brauchen ihm nur das Stichwort " Freiheit in Gefahr" zu geben und er ist für Jahre beschäftigt.
Er wird dann wie eine Gebetsmühle seinen Leidensweg als Freiheitskämpfer vorbringen und mahnend die Freiheit (bzw. seinen Freiheitsbegriff) als ewig Gestriger verteidigen.


Ich hoffe, Gauck wird nicht irgendwelcher Hinweise von dubiosen Lobbyisten bedürfen, um auch ohne ständige Rückgriffe auf fehlende Freiheit in der DDR zu erkennen, daß die Freiheit jeden Tag aufs Neue in Gefahr ist. Z.B auch durch die Regierung, die erst kürzlich vom BVG gestoppt werden mußte, weil sie Euro-Entscheidungen am Parlament vorbei laufen lassen wollte. Man hätte sich gewünscht, Gauck hätte auch zu solchen Freiheitsbedrohungen mal ein Wort gesagt.

Es bedroht ferner die Freiheit, wenn die freie Gewissensentscheidung der Abgeordneten wegen der Fraktionszwangs faktisch beseitigt wird. Es ist doch ein Unding, wenn die Fraktionsführung einzelne Gewissensentscheidungen erst ausdrücklich "freigeben" muß, damit der Abgeordnete frei entscheiden kann. Damit macht man die im GG vorgesehene Regel zu Ausnahme. Dazu hat Gauck sich meines Wissens auch noch nie geäußert.

Auch unvollständige oder falsche Berichterstattung der öffentl.-rechtl. Medien bedroht die Freiheit. So war es ein Unding, im Vorfled der BP-Wahl praktisch fast komplett zu verschweigen, daß es auch einen BP-Kandidaten der NPD gab, einen Herrn Rose, während die anderen Kandidaten in den Medien bis zum Überdruß durchgeknetet wurden. Ebenso war es ein Unding, im Vorfeld der BP-Wahl, bei der doch möglichst ein von allen Parteien unterstützter Kandidat gefunden werden sollte, die Linke einfach außen vor zu lassen, als sei sie gar nicht existent. So etwas hat doch nichts mit Freiheit zu tun, die in einer Demokratie doch stets auch die Freiheit der Andersdenkenden sein sollte. Hier hat Gauck ebenfalls nicht seine Stimme erhoben, weil er die Linke schlicht nicht mag. Dabei gehören der Linken keineswegs nur einstige SED-Fans an, sondern auch einstige West-Gewerkschafter (wie Klaus Ernst) oder einstige SDP'ler, wie O. Lafontaine.

Freiheit muß aber unteilbar sein, egal ob für CDU oder SPD, Linke oder NPD. Unterschiedliche politische Konzepte müssen in der politischen Auseinandersetzung diskutiert und dürfen nicht durch Unterdrückung der Berichterstattung weggewischt werden. Einen einseitig auf die DDR-Vergangenheit fixierten Freiheitsbegriff lehne ich ab, weil er nichts mit unserer Lebenswirklichkeit zu tun hat und heute auch nicht zielführend ist.
cbv
Inventar
#4082 erstellt: 20. Mrz 2012, 14:35
Ich kann mir nicht helfen, aber wenn ich den Mann sehe, kribbelt und krabbelt es mich überall am Körper.
Wenn ich mir vorstelle, neben ihm sitzen zu müssen, hätte ich vermutlich danach das Bedürfnis, tagelang die Badewanne nicht mehr verlassen zu wollen...
Iron-Man
Inventar
#4083 erstellt: 20. Mrz 2012, 14:39

servicegedanke schrieb:

Iron-Man schrieb:


Ich finde, das ist auch gut so !!!!


Ja, ich finde es auch gut, dass er genug Ziele hätte.

Das wir keine Volksfront mehr haben, sondern nur noch obrigkeitshörige Schlüpfer im "Widerstand", der sich zudem in Lichterketten vollends erschöpft, wenn mal ein Migrationshintergund (das andere Wort darf man ja nicht mehr sagen) verprügelt wurde, ist allerdings sehr bedauerlich.


Ich lehne jede Art von Terror ab !


[Beitrag von Iron-Man am 20. Mrz 2012, 14:40 bearbeitet]
anon123
Inventar
#4084 erstellt: 20. Mrz 2012, 14:39
Moin,


Er ist nicht der Anwalt des enttäuschten Volkes oder Teile davon,

Hier müsste man zunächst einmal klären, wie "enttäuscht" denn dieses "enttäuschte Volk" tatsächlich ist. Von sich selbst, irgendwelcher Plaudereien im Netz, oder von Einzelbeispielen darauf zu schließen, halte ich für reichlich kühn.


Es bleiben so fundamentale Sätze in Erinnerung [...] Und was bewirkt das? Nichts!

Naja, das kann man auch nur behaupten, wenn einem die politische Diskussion in Deutschland verschlossen bleibt. So war zum Beispiel die viel beachtete Rede von Weizsäckers zum 40. Jahrestag des Kriegsendes ein entscheidender Impuls in der Debatte um das "Dritte Reich" und sie hat vor allem im Ausland immense Beachtung gefunden. Die Ruck-Rede von Herzog hatte ebenso merklichen Einfluss zum einen auf die persönliche Haltung des Indviduums als auch auf das Aufbrechen von Lethargie und Defätismus, zumindest in einigen Teilen der Gesellschaft. Köhler hat gegen Ende seiner Präsidentschaft sehr deutlich gegen das profitsüchtige Bankerwesen Stellung bezogen. Wulffs Hinweis zu Islam und Deutschland kann schließlich im mehrerer Hinisicht gelesen werden. Zunächst ist es nun einmal so, dass es in Deutschland viele Millionen Muslime gibt. Dann geht es darum, unterscheiden zu können zwischen Radikalen und Moderaten, es geht um Differenzierung und Dialog, aber genauso um klare Abgrenzung und Bekämpfung von Extremismus. Und schließlich setzte das einen klugen Kontrapunkt gegen diesen unerträglichen Populismus a la Sarrazin. In diesen "Sätzen" steckt also sehr viel und sie bewirken auch was, aber nur, wenn man sich der politischen Kultur nicht verschließt.

Und auch das Thema "Freiheit" ist von Gauck klug gewählt. Tatsächlich heißt es "Freiheit und Verantwortung" und nicht "Freiheit, Freiheit, Freiheit". Dieses Thema verwundert angesichts Gaucks Biographie überhaupt nicht, und er wird damit insbesondere viele Ostdeutsche ansprechen. Dazu meint es, dass man mit seiner Freiheit auch etwas tun soll und kann, sich zum Beispiel in den politischen Diskurs einmischen oder sich wenigstens darüber informieren, bevor man irgendwas ins Web pinselt. Und "Freiheit und Verantwortung" ist eines von mehreren zentralen Begriffspaarungen und Themen der Aufklärung, also der Wurzel unserer modernen gesellschaftlichen, philosophischen und politischen Kultur. Ich selbst finde diesen Rückgriff äußerst gelungen, denn er kann dazu anhalten, sich über diese Herkunft mit eben diesen Werten kritisch auseinanderzusetzen. "Freiheit und Verantwortung" könnte eben genau so von Kant stammen, und sinngemäß tut es das auch. Er würde das sicher erweitern und von "Pflicht zur Freiheit und Verantwortung" sprechen. Stöbert man ein bißchen bei ihm herum, wird klar, was damit, erstens, gemeint ist und, zweitens, wie aktuell das ist.

Man kann sich natürlich in -- pardon -- Platitüden von "enttäuschtem Volk", "Stammtisch", "Sprechblasen", "Stammtische", "Bürgeraufstände", "Papiertiger" und "Lobbyisten" üben oder, in völliger Verkennung der Geschichte behaupten, "Änderungen gehen immer vom Volk aus". Das liest sich richtig klasse, schön 'volksnah', 'kritisch' und 'revolutionär'. Mehr als kruder Duktus ist nicht, aber sicher noch wohltuend abgesetzt von "Volksfront" und "obrigkeitshörige Schlüpfer im 'Widerstand'". Angesichts letzterem schüttelt es mich manchmal wirklich.


[Beitrag von anon123 am 20. Mrz 2012, 15:17 bearbeitet]
monsterbox
Stammgast
#4085 erstellt: 20. Mrz 2012, 15:12
Ich für meinen Teil warte erstmal den Freitag ab, bis ich mir eine Meinung darüber bilde, ob Gauck auch "hier und jetzt" kann.

Seine spontanen Antworten im Fernsehinterview am Sonntag vermitteln den Eindruck, er sei bereit, unter Wahrung eines amtsgemäßen diplomatischen Geschicks, seine wahre Meinung mit einem Maximum an Deutlichkeit zu äußern.

Das allein, wäre, wenn es sich auf Dauer bestätigt, für einen Bundespräsidenten schon herausragend.

Auf mich wirkt das bisher bekannte Gedankengebäude des neuen Bundespräsidenten nicht als erstarrt oder monothematisch.




Zum OT ein lesenswerter Beitrag in wieder einmal Wikipedia:

http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Klar

Eine moralische "Rechtfertigung" neunfachen Mordes in rhetorisch einwandfreier Weise, bekommt man nicht alle Tage geboten...


[Beitrag von monsterbox am 20. Mrz 2012, 15:13 bearbeitet]
hifi-angel
Stammgast
#4086 erstellt: 20. Mrz 2012, 15:43
@anon123

Wir werden bei unserem "Meinungsaustausch" sicherlich niemals dazu kommen, dass man seine eigene Meinung gegen die Meinung des Anderen austauscht. Auch ein Freiheitsbegriff.


Naja, das kann man auch nur behaupten, wenn einem die politische Diskussion in Deutschland verschlossen bleibt

Nun, da ich ein sehr aufgeschlossenes Wesen habe, ist mir auch das nicht verborgen geblieben. Dennoch, es zählt (für mich) am Ende nur das Ergebnis. Und den Worten sind keine Taten gefolgt. Und die Worte sind größtenteils absolute Selbstverständlichkeiten, die auch ein Pfarrer von der Kanzel predigen kann. Den Leuten wird doch nichts neues erzählt. Nehmen wir z.B. die Worte von Köhler. War das der Bevölkerung, den Politikern also der Gesellschaft vorher nicht bekannt? Oder ist das Motto, Hauptsache wir haben es mal zur Sprache gebracht?
Und vor den Worten von Wulff konnten die Leute nicht genügend genug differenziert denken?

Und dein Absatz "Freiheit und Verantwortung" hast du wohl auf "Wolke Nr. 7" geschrieben. Werde mal konkret was sind für dich Indikatoren für die Freiheit in unser heutigen Gesellschaft und wo siehst du sie gefährdet?
Und es wäre schön, wenn du den damit verknüpften "bedeutungsschwangeren" Begriff Verantwortung ebenfalls entzaubern würdest.


Mehr als kruder Duktus ist nicht


Nun, ich fand das aber ein sehr kunstvoller Sprachgebrauch, der sehr prägnant in Bildern das Wesentliche auf den Punkt gebracht hat, bzw. meine Meinung verständlich zum Ausdruck gebracht hat.


Ach ja, die von dir als Plattitüde bezeichnete Formulierung "Er ist nicht der Anwalt des enttäuschten Volkes oder Teile davon..." diente als Erwiderung des Beitrages zuvor und sollte zum Ausdruck bringen, dass der BP eben genau nicht diese Rolle innehat.

So krude kann mein Duktus doch nicht gewesen sein?


Das liest sich richtig klasse, schön 'volksnah', 'kritisch' und 'revolutionär'
War das jetzt eine Empfehlung Politiker zu werden?


[Beitrag von hifi-angel am 20. Mrz 2012, 15:59 bearbeitet]
WalterD
Stammgast
#4087 erstellt: 20. Mrz 2012, 16:41

hifi-angel schrieb:
Welche (wirklich wichtige) Funktion hat denn ein BP in Deutschland. Ja,ja, er hat die Kraft der Worte. Toll! ....Er ist nicht der Anwalt des enttäuschten Volkes oder Teile davon, der den Politikern (wenn wir es schon nicht schaffen!) den rechten Weg weist. Oder wie es tsieg-ifih hofft, dass er mit seinen scharfen Krallen manchem Politiker mal die Augen auskratzt. So nach dem Motto, der ist einer von uns und der wird denen da oben mal zeigen wo es lang geht!....


Hi,

ich sehe es ähnlich. Viele Deutsche sind unzufrieden mit der derzeitigen Politik, aber anstatt auf die Straße zu gehen, hofft das faule deutsche Volk, dass der neue BP "denen da oben" mal zeigt wo der Hammer hängt...nicht auf andere schieben bitte, sondern selbst die Stimme erheben.

Ist zwar mit mehr Aufwand verbunden, aber kann helfen ;-)

Gruß
Walter
tsieg-ifih
Gesperrt
#4088 erstellt: 20. Mrz 2012, 17:05
Das stimmt ja alles was ihr schreibt, besonders dass etliche zu faul sind auf die Strasse zu gehen oder selbst etwas zu tun, z.B. Petitionen unterschreiben, die ich schon mehrfach gepostet hatte,

aber wenn der völlig überflüssige teure Bundespräsidenten-Posten nicht abgeschafft wird, wofür das GG mit 2/3 Mehrheit geändert werden müsste, dann darf man doch wenigstens etwas blauäugig hoffen, dass der Wunsch nach Augen auskratzen mancher Politiker nicht unerhört bleibt.

Dafür ist Gauck mit eigenem Kopf sicher besser geeignet als der Ex-Vorzimmerhund von Merkel.
anon123
Inventar
#4089 erstellt: 20. Mrz 2012, 17:13
@hifi-angel:


Und vor den Worten von Wulff konnten die Leute nicht genügend genug differenziert denken?

Offenkundig hat es diese deutlichen Ansprache gebraucht, wenn man sieht, wie unverschämt und unverholen man dem populistischen Geschwätz von Sarrazin folgt, übrigens auch in diesem Forum.


Und dein Absatz "Freiheit und Verantwortung" hast du wohl auf "Wolke Nr. 7" geschrieben.

Nein. Aus der Perspektive des Historikers. Warum? Weil ich so einer bin. Wie? Habe ich weiter oben schon beschrieben.


Werde mal konkret was sind für dich Indikatoren für die Freiheit in unser heutigen Gesellschaft und wo siehst du sie gefährdet?

Diese Indikatoren sind vielfältig. Sie reichen von freien und fairen Wahlen über eine freie Presse bis hin zur Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Sie schliessen regelmäßig die Kodifizierung und Sicherung grundlegender "natürlicher" Rechte ein, wie in jeder anständigen Verfassung seit 1776. Wenn Du mit "unser heutigen Gesellschaft" Deutschland meinst, dann sehe ich sie, und entgegen allerhand Phantasien im Web, insgesamt als wenig bis gar nicht gefährdet an. Dabei beziehe ich mich auf Organisationen wie Freedom House oder von mir aus auch Amnesty International. Natürlich findet man immer mal wieder was, was nicht stimmt, das ist richtig. Am Gesamtbild ändert das aber nicht viel.


Und es wäre schön, wenn du den damit verknüpften "bedeutungsschwangeren" Begriff Verantwortung ebenfalls entzaubern würdest.

Damit meine ich, ganz im Sinne Kants, zunächst einmal, den eigenen Verstand zu benuzten. Oft wird von Vorstellungen und "Theorien" ausgegangen, die ganz einfach überhaupt keine Basis in der Realität haben. Wie das mit dem Begriff "Demokratie" geht, habe ich weiter oben ausgeführt. Und man möge sich doch bitte dieses Verstandes ohne fremde Anleitung bedienen. Ich rege mich z.B. regelmäßig darüber auf, wenn von den öffentlich-rechtlichen Medien als "Staatspropaganda" geredet wird. Das hat mit der Realität erneut überhaupt nichts zu tun, aber es ist eben wohfeile Propaganda libertärer Schwätzer, die scheinbar ein williges Publikum haben. Irgendwo weiter oben hat jemand behauptet, selbst SZ, FR oder der Spiegel gehörten zum Springer-Verlag und "Phoenix" sei ein CDU-Sender. Auch das erscheint mir eher eben genau dieses Abgeben des eigenen Verstandes in die Leitung wirrköpfiger Spinner zu sein, die für sich anmaßen, die verstünden etwas von politischer Kultur oder hätten das politische Spiel durchschaut. Das einzige, was es hier wirklich zu durchschauen gälte, wären diese Phantasie-, Lügen- und Populismusgebilde, die sich solche Leute zusammenzimmern. Verantwortung kann schließlich auch heißen, sich in der Gestaltung eines Gemeinwesens einzubringen -- z.B. als Lehrer, in einer politischen Partei, in einer Bürgerinitiative, auf Demonstrationen, bei Wahlen, und vielem mehr. Und da sind mir "Lichterketten" allemal lieber als dubiose "Volksfronten".

Und damit wären wir beim letzten Punkt der "Verantwortung", nämlich bei den Grenzen, die sie der Freiheit setzt, oder, erneut mit Kant, wie man es mit der Freiheit bei dem Zwange hält. Es ist ja nun nicht unbedingt etwas Neues, dass jedes gesellschaftsvertragliche Gemeinwesen, und das sind nun einmal unsere 'westlichen Demokratien' ihren Urzweck im salus populi suprema lex haben, zugleich aber den indviduellen Freiheiten, dem "Naturzustand", ex definitione Grenzen setzen. Wäre es nicht so, gäbe es keine Gesellschaft. Warum das so ist, kann man z.B. bei Locke und Blackstone nachlesen, oder, wenn man mag, auch bei Aristoteles oder Cicero oder Polibios. Und das bedeutet, in negativem Sinne, nicht darauf zu bestehen, dass nun bitteschön alles, was man will auch so sein muss, und im positiven Sinne, dass man auch den Sinn dieser Beschränkungen versteht und nicht Zeter und Mordio schreit, wenn man diese -- vernünftigen und verantwortlichen -- Grenzen sieht.

Ein Beispiel: Weiter oben hat jemand gefordert, man müsse eine "unteilbare Freiheit" auch auf Gruppierungen wie die NPD ausdehnen. Meinen Antwort wäre dazu ein ganz klares Nein. Die NPD ist eine rechtsradikale, rassistische, zutiefst die Freiheit und das Recht verneinende Organisation, die nichts lieber täte, als eben genau diese Freiheit abzuschaffen. Sie vertritt das, was im Sinne Hannah Arendts eine totalitäte Herrschaft ist. Und das ist die Vernichtung von Freiheit, weniger, indem sie bestimmte Freiheiten attackiert, mehr aber, indem sie den Einzelnen in ihre Ideologie aufsaugt und damit sukzessive die Wirklichkeit von Freiheit eliminiert. Und das ist noch etwas viel gefährlicheres, denn es führt geradewegs in einen Führerstaat. Und hier wäre "Verantwortung" und "Pflicht", ganz im Sinne von Kant, genau dem aufs Entschiedenste entgegenzutreten.

Und, um auf Deine Frage nach der Gefährdung von Freiheit, konkteter einzugehen: Für mich wäre es, neben dem gerade gesagten, eine ungalubliche Gefahr für die Freiheit, wenn man Menschen von dieser Freiheit ausschließt, weil sie eine andere Hautfarbe haben, an einen anderen Gott glauben, eine andere Sprache sprechen oder weil sie eine Frau sind. Ebenso gefährlich ist es, mit apodiktischen Wahrheiten die eigenen Überzeugungen anderen aufzuzwingen. Es ist auch brandgefährlich, wenn man religiöses Recht der Verfassung oder dem weltlichen Recht gleichstellt oder gar überordnet. Bei mir gehen aber auch die Warnlampen an, wenn man von "Volksfront" oder "Volksmeinung" oder "Volkswille" spricht. Selbst der volonte generale war diesseits einiger Ausrutscher von Diderot immer noch an das Recht gebunden. Und bei mir gehen auch die Warnlichter an, wenn man die Gefahr einer "neuen Weltordnung" herbeiphantasiert und zugleich Zeichen der "Undemokratie" sieht, wo gar keine sind, und dabei, ob man es merkt und will oder nicht, libertären Schwätzern und populistischen Rattenfängern das Wort redet. Und es ist in letzter Sicht auch gefährlich, wenn man eine freie und vielfältige Presse- und Medienlandschaft als propagandistischen Mainstream abtut, und ihr zugleich diese ganzen "Neue Weltordnungs"-Blogs und, erneut, fundamental-libertären Truther-Kram als "Wahrheit" entgegensetzt. Auch damit gibt man die Nutzung des eigenen Verstandes in die Hände wohlfeiler Demagogen und Propagandisten, die bestenfalls überhaupt keine Ahnung haben, wovon sie reden, die aber schlimmstenfalls nach Gläubigen für ihren pölitisch-ideologischen Unsinn jagen.

Man kann dem nun, wie hier geschehen, mit Rosa Luxemburg entgegnen, wobei ich lieber das 'Original', nämlich Voltaire, nähme (so er das so gesagt hat). Beide aber stammen aus einem konkreten historischen Kontext. Rosa Luxemburg wandte sich explizit gegen die Gefahr der Diktatur nach der Oktoberrevolution, zugleich aber meinte sie mit dieser Freiheit nicht eine liberale Demokratie, und damit z.B. nicht Philipp Scheidemann. So furchtbar frei war das dann also auch nicht, und wenn man ihr Ungutes wollte, könnte man ihr auch eine Instrumentalisierung des Freiheitsbegriffs unterstellen. Voltaire war in dieser Sicht deutlich universalistischer, aber seine Philosophie stammt eben aus dem Liberalismus der Aufklärung, bei der klassenspezifische Deutungsmuster einen geringeren Stand hatten. Warum nehmen wir, in dieser Diskussion, dann nicht Voltaire. Oder gar, was mir ja gefallen würde, John Locke. Oder, von mir aus, auch gerne Kant. Damit wären wir dann wieder bei der Vernunft und bei der Verantwortung, ohne die, zumindest in deren Sinne, und vieles spricht dafür, Freiheit nicht existieren kann.


[Beitrag von anon123 am 20. Mrz 2012, 19:32 bearbeitet]
tsieg-ifih
Gesperrt
#4090 erstellt: 20. Mrz 2012, 17:42

Ein Beispiel: Weiter oben hat jemand gefordert, man müsse eine "unteilbare Freiheit" auch auf Gruppierungen wie die NPD ausdehnen. Meinen Antwort wäre dazu ein ganz klares Nein. Die NPD ist eine rechtsradikale, rassistische, zutiefst die Freiheit und das Recht verneinende Organisation, die nichts lieber täte, als eben genau diese Freiheit abzuschaffen.

Dann verstehe ich nicht wieso die NPD im Bundestag vertreten sind und sogar mit Anfragen die Wahl von Gauck verzögern konnten

Ist es der rechtsradikale Extremismus der in den Köpfen immer noch schlummert und geschönt von den Extremparteien in Wattekistchen verpackt wird oder gibts die NPD und Derivate nur noch, weil von V-Leuten des BND unterwandert und ergo alles unter Kontrolle ist? Der zweite Anlauf des NPD-Verbots ist ja in aller Munde.

Kontrollierte Lenkung durch den Staat (BND), damit die latent extremistische Ader etlicher Deutschen ausgelebt werden kann? Ist doch alles in Ordung bei uns, solange es die Stammtische gibt.

Was ich von der NPD halte muss ich vermutlich nicht extra erwähnen, aber haben in unserem Land auch nicht völlig idiotische Meinungen ein Recht auf Freiheit und ich glaube so meinte das Schnuckiputz ?

Für die Wahlplakate der NPD braucht man immer die längste Leiter .. auch beim Entfernen
anon123
Inventar
#4091 erstellt: 20. Mrz 2012, 17:53
@tsieg-ifih:

Das mit der NPD habe ich auch eher dazu genutzt, um zu zeigen, wo für mich die Grenzen der Freiheit sind.

Das Problem, warum die NPD in einigen Länderparlamenten vertreten ist, würde ich auf Wählerseite mit Hannah Arendt erklären. Ganz offenbar ist es für Einige normal, und das ist entsetzlich genug, eine totalitäre Partei zu wählen. Das kann aus Protest geschehen, aus individuell empfundener Gefährdung, die eine rasche Lösung und einen Sündenbock sucht, aus dumpfer rechtsextemistischer und rassistischer Überzeugung oder aber aus einer persönlichen politischen Ideologie, in der Vielfalt und Freiheit keine Rolle mehr spielen.

Das Problem mit dem Verbot ist, dass die politische Analyse eine Sache ist, eine auf dem Recht basierende Bekämpfung aber eine andere. Und, so wie ich es verstanden habe, kann man denen in diesem Rahmen eben nicht so einfach beikommen. Natürlich könnte man das Recht ändern oder beugen, aber das ist wohl auch keine Lösung. Da gilt dann, und diese Kröte muss man schlucken, die Freiheit, wenn man mit Freiheit auch das Recht. Aber vielleicht hat man aus dem ersten Scheitern ja gelernt und macht es jetzt besser. Aber schließlich würde man ja mit einem Verbot "nur" die Organisation zerschlagen. Die Ideologie dürfte weiterleben. Das dem entgegen treten ist halt nicht so einfach, so einfach ich -- und Du und die meisten anderen sicher auch -- es gerne hätten.


[Beitrag von anon123 am 20. Mrz 2012, 17:55 bearbeitet]
servicegedanke
Hat sich gelöscht
#4092 erstellt: 20. Mrz 2012, 19:50
Auf eloquente Art und mit Kant im Gepäck kann man schnell mal die Bürgermassen ohne Durchblick beeindrucken, aber nicht den denkenden Teil. Mir zeigen die Einlassungen nur, dass da jemand ziemlich triviale Denkstrukturen zum Besten gibt, die zwar das Grundsätzliche erfassen, aber die Einflussfaktoren zur Gänze ausblenden. Das dieses einfache Weltbild natürlich frei von Widersprüchen ist, verwundert nicht.

Freie Wahlen, freie Presse, Versammlungsrecht....ach Gott, wie süß! Und Mami bringt mich jeden abend zu Bett und spricht mit mir das Nachtgebet. Und dann ist das alles auch noch per GG schriftlich festgehalten. Damit auch der "Intellektuelle" eine Wissensquelle anzugeben vermag. Also ich würde mal auf www.nachdenkseiten.de und auf den vielen anderen wirklich freien Medienportalen den geistigen Horizont erleuchten und bei der Gelegenheit auch gleich erweitern. Nun, wenigstens findet man Ansätze von Kritik bei Sarrazin und seinen Geistesanhängern. Das lässt vermuten, dass die Grundsubstanz ausbaufähig ist. Dann werden Systemkritiker vielleicht nicht mehr als libertäre Schwätzer abgekanzelt, was im Kontext der zugrundeliegenden Quellwissen umso lächerlicher wirkt. Und natürlich gehört der Spiegel dann auch nicht zur Springerpresse. Genausowenig wie die BILD, nicht? Das kommt davon, wenn man ausschließlich Papas Handelsblatt liest.

Aber bei Lichterketten ist es auch gemütlicher und die Stimmung gelassener, als bei Protestaktionen bei klirrender Kälte. Und der Gefahr, von aufgehetzten Polizeideppen mit Schlagstöcken oder mit Wasserwerfern ernsthaft verletzt zu werden, setzt sich ja auch der Eigenverstandeinsetztende Kantzitierer auch nicht gerne aus. Aber die Gefahr gibt es doch nicht, steht doch im GG unter Artikel 8, oder etwa nicht?
Schnuckiputz
Stammgast
#4093 erstellt: 20. Mrz 2012, 19:56

anon123 schrieb:

Ein Beispiel: Weiter oben hat jemand gefordert, man müsse eine "unteilbare Freiheit" auch auf Gruppierungen wie die NPD ausdehnen. Meinen Antwort wäre dazu ein ganz klares Nein. Die NPD ist eine rechtsradikale, rassistische, zutiefst die Freiheit und das Recht verneinende Organisation, die nichts lieber täte, als eben genau diese Freiheit abzuschaffen. Sie vertritt das, was im Sinne Hannah Arendts eine totalitäte Herrschaft ist. Und das ist die Vernichtung von Freiheit, weniger, indem sie bestimmte Freiheiten attackiert, mehr aber, indem sie den Einzelnen in ihre Ideologie aufsaugt und damit sukzessive die Wirklichkeit von Freiheit eliminiert. Und das ist noch etwas viel gefährlicheres, denn es führt geradewegs in einen Führerstaat. Und hier wäre "Verantwortung" und "Pflicht", ganz im Sinne von Kant, genau dem aufs Entschiedenste entgegenzutreten.


Zunächst dürfte es hier weitgehenden Konsens geben, daß sich kaum ein denkender Mensch eine Gesellschaft wünschen kann, wie die NPD sie propagiert. Gleichwohl muß Freiheit, wenn sie denn als unteilbar zu gelten hat, nicht explizit auf die NPD oder vergleichbare ewig Braune ausgedehnt werden, sondern sie steht auch diesen Gruppen schlichtweg von Verfassungs wegen zu ... wie jedem anderen, auch z.B. dem Verbrecher, gleich ob er als Großkapitalist die Milliarden verbrennt oder ob es sich um einen "ehrlichen" Einbrecher handelt. Freiheit ist eben nicht irgendwie beliebig oder verhandelbar ... wenn man das haben will, ist es keine ungeteilte Freiheit! In die Freiheitsrechte darf nur unter ganz bestimmten, gesetzlich klar zu definierenden Voraussetzungen eingegriffen werden und nicht etwa, weil einem eine Partei wie die NPD Brechreiz verursacht.

Übrigens hat sich meines Wissen auch Gauck aus guten Gründen eher gegen ein Verbot der NPD ausgesprochen. Wenn mal also eine politisch-argumentative Auseinandersetzung führen will, macht dies nur bei Chancengleichheit Sinn. Unterdrückung der Berichterstattung bewirkt eher das Gegenteil. Erkennt denn um Himmels willen keiner die Chance, die darin liegt, wenn man wirklich mal offen übder den braunen Sumpf berichtet und dessen Vetreter einfach mal schwadronieren läßt? Blamieren sich diese Leute denn etwa nicht so gut wie immer selbst so gut sie können?

Wie schon gesagt, in einer Demokratie muß Freiheit immer auch und vor allem als Freiheit der Andersdenkenden und Minderheiten gesehen werden, so widerwärtig sie einem subjektiv auch erscheinen mögen. Wer Freiheit nur als Freiheit der aus eigener Sicht anständigen Musterdemokraten definiert, hat sich innerlich (vielleicht unbeabsichtigt) längst vom Gedanken einer unteilbaren Freiheit verabschiedet. Und doch ist sie Teil der Menschenrechte, die auch jedem zustehen, egak ob man ih nmag oder nicht und ob er so denkt wie ich oder nicht,


[Beitrag von Schnuckiputz am 20. Mrz 2012, 19:57 bearbeitet]
anon123
Inventar
#4094 erstellt: 20. Mrz 2012, 20:06
@Schnuckiputz.

Ja, kann ich gut nachvollziehen. In den USA, zum Beispiel, ist diese erweiterte Freiheitsauffassung weit verbreitet und gut begründet, und auch Liberale dort nehmen sich ihr an. Finde ich völlig legitim. Wie gesagt, man kann diesen Standpunkt annnehmen, ich habe das ja bei der Frage des Rechts auch getan. Man kann aber auch gegen ihn argumentieren. Das ist letztlich mehr eine Frage des Standpunkts als irgend etwas anderes, und damit eben Gegenstand von Diskussion.

Ich gebe zu, das als Beispiel in der gewählten Form zu nehmen, war verunglückt. Bitte entschuldige. Mir ging es aber eher darum zu zeige, wo aus meiner Sicht und theoretisch flugs hergeletiet, Verantwortung und Freiheit Grenzen zeigen. Da bin ich dann eher bei Arendt und Co.

Nanobyte
Stammgast
#4095 erstellt: 20. Mrz 2012, 20:14
Ich bin auch dagegen, die NPD zu verbieten.

Man kann sich gegen rechtsextreme Strömungen in der Gesellschaft nicht wehren. Solche Idioten gibt es in jedem Land. Jetzt aktuell gerade auch wieder in Frankreich.

Da finde ich es besser, solche - Mitmenschen - in braun belasteten Regionen in einer Partei organisiert und unter Aufsicht zu wissen, als daß sie Ziel- und Anhangslos umhermarodieren und irgendwelche Zellen gründen.

Übrigens deckt in Bayern ja die CSU die Rechtsaußen-Fraktion ab. Das gibt's halt Heimat und Brauchtum pur! Seppelhut und Gamsbart auf, und der Türke bleibt draußen! Jamei, dös wählen mer!

In Meckpomm, oder auch hier in Sachsen-Anhalt, haben sie gar keine Ausländer. Höchstens Ausnahmen: Ein Türke, der besser Deutsch spricht als die meisten seiner Kunden, eine Vietnamesenfamilie mit beiden Kindern im Gymnasium und ein Italiener, der schon gar nicht mehr heiser ist, so lange ist er hier schon integriert. Wohin dann mit dem nationalen Gedankengut, das man dem Wähler ja doch irgendwo zugestehen muß? Und irgendwo auch einer Protesthaltung?
Die Linke ist noch zu sehr DDR, die CDU ist zu blaß, um richtig schwarz zu sein, die Grünen haben ein gewissen spezielles Wählerpotential. SPD ist hellrosa, mehr nicht.

Wer hier als Wähler richtig was mitzureden haben will, der wählt NPD. Die werben mit markigen Sprüchen wie "Arbeit für alle!", "Höchststrafe für Kinderschänder!" oder "Mut, wählen zu gehen!", die ja keinem weh tun. Da gehen dann auch alle ganz brav hin. Die halbe Straße wählt NPD, ohne sich bewußt zu machen, daß sie eigentlich die NSDAP wählen. Eigentlich ganz normale Leute, deren Kinder mit meiner Tochter spielen.
Deren Problem ist, daß sie das Fremde gar nicht kennen. Von daher sind sie dafür empfänglich, es a priori abzulehnen. Null Fremdsprachen. Türkei ist ein Land, wo die Sonne scheint. Freiheit bedeutet frei von Ausländern.
Da muß man ansetzen. Bildung!

Und daher laßt die NPD wo sie ist. Laßt sie sich zum Affen machen, in jedem Parlament, in dem sie auftaucht. Überlaßt es dieser Partei, die Nationalisten der Lächerlichkeit preiszugeben.

Der Nationalismus ist da, man kann ihn nicht verbieten. Laßt ihn kanalisiert. Gebt ihm keinen Zentimeter, über die Ufer zu treten.

Viele Grüße

D.
Schnuckiputz
Stammgast
#4096 erstellt: 20. Mrz 2012, 20:29

anon123 schrieb:

Ich gebe zu, das als Beispiel in der gewählten Form zu nehmen, war verunglückt. Bitte entschuldige. Mir ging es aber eher darum zu zeige, wo aus meiner Sicht und theoretisch flugs hergeletiet, Verantwortung und Freiheit Grenzen zeigen. Da bin ich dann eher bei Arendt und Co. :prost


Ist schon o.k., und ich denke, keiner fordert hier eine schrankenlose Freiheit. Die kann es gerade in einer ziviliserten Welt nicht geben. Da braucht es schon klare Spielregeln, andernfalls hätte man gleich bei den Regeln des Wilden Westens bleiben können, wo der am freiesten war, der am schnellsten sein Schießeisen ziehen konnte. Nur darf innerhalb der gesetzten Schranken Freiheit eben nicht von der politischen, religiösen oder wie auch immer gearteten Gesinnung abhängen.

Klar ist auch, daß Freiheit ohne Verantwortung nichts anderes als Willkür wäre. Dies wäre wie die Freiheit von Krebszellen, die zu Lasten des Ganzen wuchern und an denen das Ganze letztlich zugrunde geht. Wäre doch eine schönes Beispiel als Begründung für die überfällige Regulierung gewisser Bereiche der Finanzmärkte.
anon123
Inventar
#4097 erstellt: 20. Mrz 2012, 20:33

Nur darf innerhalb der gesetzten Schranken Freiheit eben nicht von der politischen, religiösen oder wie auch immer gearteten Gesinnung abhängen.

Da rennst Du bei mir offene Tore ein.


Klar ist auch, daß Freiheit ohne Verantwortung nichts anderes als Willkür wäre.

Und da auch. Als Freund im besonderen der englischen Rechtsgeschichte könnte ich auch nicht anders.

monsterbox
Stammgast
#4098 erstellt: 20. Mrz 2012, 20:35
Nun ja - was nach meinen Eindrücken das wichtigste Ziel eines NPD-Verbotes sein dürfte, ist die Kappung des Steuergeldstroms von jährlich 1,3 Millionen Euro, mit dem sich nebenbei so wunderbar die "******jugendarbeit" finanzieren läßt.

Kein Problem für Euch?


http://de.wikipedia.org/wiki/Parteienfinanzierung


[Beitrag von monsterbox am 20. Mrz 2012, 20:36 bearbeitet]
ZeeeM
Inventar
#4099 erstellt: 20. Mrz 2012, 20:37

anon123 schrieb:

Nur darf innerhalb der gesetzten Schranken Freiheit eben nicht von der politischen, religiösen oder wie auch immer gearteten Gesinnung abhängen.

Da rennst Du bei mir offene Tore ein.


Die Frage ist, ob der Nationalsozialismus nichts weiter als eine politsche Strömung von vielen ist.
Schnuckiputz
Stammgast
#4100 erstellt: 20. Mrz 2012, 20:39

monsterbox schrieb:
Nun ja - was nach meinen Eindrücken das wichtigste Ziel eines NPD-Verbotes sein dürfte, ist die Kappung des Steuergeldstroms von jährlich 1,3 Millionen Euro, mit dem sich nebenbei so wunderbar die "******jugendarbeit" finanzieren läßt.


Das mag Unbehagen bereiten, aber man kann auch bei den anderen Parteien Unbehagen empfinden, in welchem Maße sie vom Steuerzahler subventioniert werden .... in noch ganz anderen Dimensionen als die NPD.

Bei der rechtlichen Beurteilung eines evtl. Antrages auf Verbot der NPD würden solche Aspekte aber eh keine Rolle spielen.
monsterbox
Stammgast
#4101 erstellt: 20. Mrz 2012, 20:50
Es geht dabei bestimmt nicht darum, wie leid es einem um Steuerzahlers Geld täte, sondern darum, wie effektiv eine finanzielle Trockenlegung die Organisation gewaltbereiter Rechter zurückdrängen kann.

Als historisches Beispiel könnte man den KKK betrachten, den man letztlich erst mit zivilrechtlichen Haftungsklagen für Taten der Mitglieder loswerden konnte.


[Beitrag von monsterbox am 20. Mrz 2012, 20:57 bearbeitet]
monsterbox
Stammgast
#4102 erstellt: 20. Mrz 2012, 21:04
Vielleicht sollte man angesichts der Diskussion hier darauf verweisen, daß es beim NPD-Verbot nicht um ein Meinungsverbot geht, sondern um das Verbot einer Organisation, deren Ziel nachweislich eben nicht gerade das Reden ist.

Gauck hat sich übrigens nur dahingehend skeptisch geäußert, daß er ein großes Risiko für das Scheitern eines neuerlichen Anlaufs für ein NPD-Verbot sieht.


[Beitrag von monsterbox am 20. Mrz 2012, 21:54 bearbeitet]
tsieg-ifih
Gesperrt
#4103 erstellt: 21. Mrz 2012, 00:48

Vielleicht sollte man angesichts der Diskussion hier darauf verweisen, daß es beim NPD-Verbot nicht um ein Meinungsverbot geht, sondern um das Verbot einer Organisation, deren Ziel nachweislich eben nicht gerade das Reden ist.


Aber die Gefahr gibt es doch nicht, steht doch im GG unter Artikel 8, oder etwa nicht?

Zum Glück verdanken wir einer nationalsozialistischen Partei die heute im GG garantierte Versammlungsfreiheit und vor allem die Demokratie, die wir geschichtlich gesehen ohne diese kranken Typen nicht hätten. Mein geheimer Favorit war ja die Nazijägerin Frau Klarsfeld, aber mir war auch klar, dass sie nicht gewinnen konnte, dafür bekommt sie demnächst das Bundesverdienstkreuz was eh längst fällig ist.

Es ist KEIN Problem der Freiheit und/oder ihre Grenzen wie gerne hier suggeriert wurde, warum besonders junge Leute heute für gewisse radikale Strömungen leichter empfänglich sind und sich von radikal-rethorisch begabten selbst ernannten Sektenführer einlullen lassen, sondern das Problem liegt in der Aufklärung was eine Demokratie überhaupt ist, wie dieses Gut geschützt werden muss und aus welcher Scheisse Deutschland entstanden ist, für das kein Geld vorhanden ist.

Ich kenne Jugendliche wo Bong und Jack auf dem Tisch stehen und Hitler als Vorbild an der Wand hängt. Früher hing da Che Guevara. Jetzt könnte man sagen, na und ? Der politische Zeitgeist wechselt ja ständig und geht mit der Mode und auch die CSU kann nicht alle am rechten Rand abdecken, da der Nationalismus entlehnt antikapitalistisch ist und Politikverdrossene die auf der Suche nach Erneuerung sind gibt es immer mehr, da sorgt schon die Politik selbst dafür.

Es sind nicht mehr so die alt bekannten Klischees an die man reflexartig denkt, wo noch in unteren Schichten und Problemfamilien aus zerrütteten Verhältnissen mit 2 Promille Bierlaune sinnlos und debil nationalsozialistische Parolen rechter Arm hoch und Heil Hitler gerufen wird, nein das ist Geschichte, sondern es sind heute intellektuelle und intelligente Menschen z.B. aus Schulen und Universitäten die genau wissen was sie tun und nicht unsystematisch vorgehen um neue Sympathien zu erwerben. Das passiert heute und hier in einer solchen perfiden Art und Weise z. B. in Jugendclubs und Grillfeten bei Steaks und Bier wo kleine Kinder auf der Wiese unter NS Flagge der militant-neonazistischen "Kameradschaft" spielen und das ist nicht nur im Osten so.

Es gibt nicht wenige Unis und Schulen wo sich Studenten, die auf der Suche nach Wahrheit sind, gerne freiwillig von dieser "modernen Strömung" wie Zeeem formulierte, indoktrinieren lassen. Bevor m. Mn. noch mehr versucht wird durch Vererbung des rechtsradikalen Gedankenguts Einfluss auf neue potenzielle (noch gesunde) Nachkommen zu nehmen, sollte man nicht nur Nazi-Symbole und NS-Propaganda verbieten, was unter Strafe steht (§130 StGB) , sondern alle die vorsätzlich wegschauen ebenso, aber gerade das wird schwer zu machen sein.
Die wenigsten waren vor nicht langer Zeit im Widerstand, denn die Mehrheit ist "so" mitgelaufen, der Weg des geringsten Widerstands ist halt doch bequemer gewesen.

Jetzt kommen bestimmt wieder solche posts wo drinne steht ich tu übertreiben und sehe an jeder Ecke irgendwelche Geister in Springerstiefel nein darum geht es nicht. Es geht darum, dass jegliche Verharmlosung des braunen kranken Gesockses verantwortungslos ist, wobei besonders die Leute, die den Rechtsstaat so vehement hier im Forum einfordern, sollten doch die gleiche Konsequenz und Stärke besitzen, diese verwirrten kranken Typen ebenso öffentlich zu verurteilen, zumindest nicht im entscheidenten Moment wegschauen, DAS wäre nicht das Verkehrteste.

Schnuckiputz
Stammgast
#4104 erstellt: 21. Mrz 2012, 07:25

tsieg-ifih schrieb:

Zum Glück verdanken wir einer nationalsozialistischen Partei die heute im GG garantierte Versammlungsfreiheit und vor allem die Demokratie, die wir geschichtlich gesehen ohne diese kranken Typen nicht hätten.
...
Es ist KEIN Problem der Freiheit und/oder ihre Grenzen wie gerne hier suggeriert wurde, warum besonders junge Leute heute für gewisse radikale Strömungen leichter empfänglich sind und sich von radikal-rethorisch begabten selbst ernannten Sektenführer einlullen lassen, sondern das Problem liegt in der Aufklärung was eine Demokratie überhaupt ist, wie dieses Gut geschützt werden muss und aus welcher Scheisse Deutschland entstanden ist, für das kein Geld vorhanden ist.


Nein, wir verdanken nicht etwa den Nazis unsere Demokratie, sondern vorrangig deren Mißbrauch und faktische Abschaffung. Denn vor den Nazi des sog. 3. Reiches gab es schon mal eine Demokratie, wenn auch mit einem entscheidenden Konstruktionsfehler und mangelnder Wehrhaftigkeit: Die Weimarer Verfassung als Grundlage eines neuen Staatswesens nach dem desaströsen Ende der Monarchie. Bei allen Mängeln hatte die Weimarer Verfassung unserem GG sogar etwas Entscheidenes voraus: Über die war vom Volk abgestimmt worden, was beim GG bis heute nicht der Fall ist. Deswegen halte ich unser GG auch bestenfalls für das, was schon das Wort sagt, ein (nur von den Alliierten genehmigtes) Gesetz aber eben keine formgültige, in freier Selbstbestimmung des Volkes beschlossene Verfassung. Ich weiß, daß es dazu auch andere Meinungen gibt, vermag diesen aber nicht zu folgen. Daß das GG sich in der Praxis bewährt hat, ändert nichts an der fehlenden Volksabstimmung. Wieso hat man diese nicht z.B anläßlich der sog. Wiedervereinigung nachgeholt?

Das Hauptproblem unserer heutigen Demokratie ist aus meiner Sicht weniger die mangelnde Bildung, also die Theorie, sondern die Praxis. Also wie z.B. die Politiker mit der Demokratie heute umgehen, wie sie ständig Entscheidungen gegen die Mehrheit des Volkes treffen. Oder wie sie versuchen, den Souverän kaltschnäuzig auszuschalten, zuletzt noch bei dem Versuch, Euro-Entscheidungen aus dem Parlament auszulagern auf einen kleinen Ausschuß. Zum Glück ist das vom BVG verhindert worden. Doch auch allgemein stellt allein schon die hohe Zahl von verfassungswidrigen Gesetzen den Politikern ein verheerendes Zeugnis aus ... viele Gesetze müssen also vom BVG "kassiert" werden. Und das, obwohk viele Politiker selbst Juristen sind und es auch in den Ministerien nur so von Juristen wimmelt. Wo haben die eigentlich ihr Handwerk gelernt? Oder fällt denen, wie Pofalla, zu Einwänden nicht mehr ein als: "Laß mich bloß mir dieser Scheiße in Ruhe?"

Das Eklat Pofalla-Bosbach zeigt doch klar, was in der Praxis unserer Demokratie läuft, wie dort von eingen die Demokratie mit Füßen getreten wird ... um der bloßen Macht willen. Und diese "Scheiße-Äußerung" von Pofalla kam ja nach einem verfassungsrechtlichen Einwand von Bosbach. Trotzdem blieb das für Pofalla ohne Folgen, weil er als Muttis Wadenbeißer gebraucht wird.

Der Umgang unserer Politiker mit der Demokratie und das deren Gegnern damit erst gelieferte "Futter" schadet dieser weitaus mehr als ein paar geistig schlicht strukturierte Jugendliche, die irgendwelchen Dummschwätzern oder Demagogen nachlaufen.

In Sachen Negativbeispiel hat Wulff eindrucksvoll gezeigt, wie man das macht. Erst im Rahmen der Amigowirtschaft alles mitnehmen, was man kann, während man nach außen wohlfeile Reden zum Thema Vertrauen, Moral usw. schwingt. Und sich flott absetzen, bevor die ganze Dimension auffliegt unter Mitnahme maximaler Versorgung und Privilegien zu Lasten der arbeitenden und steuerzahlenden Bürger.

Oder ein Genosse der Bosse namens Schröder, der den Arbeitnehmern erst Hartz IV aufdrückt, um sich dann in den Influxus des "lupenreinen Demokraten Putin" und dessen Gazprom zu begeben, natürlich gegen massig Kohle.

Das sind so Leute, welche die Demokratie nur als Vehikel für persönliche Macht und als Mittel zum optimierten Absahnen benutzen. Sie dienten nie der Demokratie oder dem Volk, sondern ausschließlich sich selbst.
Soundscape9255
Inventar
#4105 erstellt: 21. Mrz 2012, 08:01

Schnuckiputz schrieb:
Zum Glück ist das vom BVG verhindert worden. Doch auch allgemein stellt allein schon die hohe Zahl von verfassungswidrigen Gesetzen den Politikern ein verheerendes Zeugnis aus ... viele Gesetze müssen also vom BVG "kassiert" werden.


Eigentlich hat unser "Verfassungsschutz" *HUUUUST* doch gar keine Zeit sich um die NPD zu kümmern, er müsste der CXU im Nacken sitzen...

Hier sollte man mal ein Verbotsverfahren für diese verfassungsfeindliche Partei in die Wege leiten.
servicegedanke
Hat sich gelöscht
#4106 erstellt: 21. Mrz 2012, 10:25
Die CXU Mitglieder sind zumindest besser gekleidet, als die der NPD. Ansonsten kann ich "Schnuckiputz" und "tsieg-ifih" nur zustimmen. Die NPD ist die CXU für\'s Grobe. Oh, ich glaube, ich stehe mittlerweile auf der Beobachtungsliste des "Verfassungsschutzes". Wiese eigentlich Verfassung? Dachte, wir haben nur ein Grundgesetz? Ist das Gleiche? Mitnichten!

Zu Gauck: Er ist ein Produkt der Springerpresse und deren geistige Verbündete. Das seine erste Dienstreise zu einem Knabenchor führte ...nun, wenn es sonst nichts Wichtiges zu erledigen gibt. Aber ernsthaft, so wenig ich ihn mag, er sollte, da ich ihn nun nicht verhindern konnten, auch eine echte Chance haben. Es soll Menschen geben, die sich vom Saulus zum Paulus gewandelt haben. Vielleicht durchdringt ja die ein oder andere Info fern der Propagandamedien seine Denkblockaden und er unterschreibt eben nicht blind alle von den Demokratiefeinden (Nein, es sind nicht die Linken!) vorgelegte Gesetze zur Abschaffung oder Aushöhlung des Sozialstaates.

Apropos Propagandamedien (laut "libertärer Schwätzer" hier ). In der TAZ steht ein sehr interessanter Artikel über die tatsächlichen Vorfälle in Syrien. Todenhöfer in einer eindrucksvollen, wenn für mich auch nicht überraschenden Replik. Dann wird auch klar, warum die Chinesen und die Russen - für den Westen so unverständliche - Vetos einlegen, wenn es um die vermeintliche Durchsetzung von "Menschenrechten" geht. Es geht um Schürfrechte und sonst nichts!
Hüb'
Moderator
#4107 erstellt: 21. Mrz 2012, 10:27
Hallo,

das Grundgesetzt ist unsere Verfassung, der Begriff der "Verfassung" daher ein übergeordneter.

Grüße
Frank
servicegedanke
Hat sich gelöscht
#4108 erstellt: 21. Mrz 2012, 10:53

Hüb' schrieb:
Hallo,

das Grundgesetzt ist unsere Verfassung, der Begriff der "Verfassung" daher ein übergeordneter.

Grüße
Frank
:prost


Im Prinzip ist das so. Der wesentliche Unterschied ist jedoch, dass eine Verfassung nur über eine Volksabstimmung (Ratifizierung) verfasst oder geändert werden kann und das Grundgesetz schlicht und einfach per Gesetzgebungsverfahren. Ergo, wir haben "nur" ein Grundgesetz.
anon123
Inventar
#4109 erstellt: 21. Mrz 2012, 11:37

Der wesentliche Unterschied ist jedoch, dass eine Verfassung nur über eine Volksabstimmung (Ratifizierung) verfasst oder geändert werden kann


So ein Blödsinn. Die Ratifizierungs- und Amendierungsverfahren von Verfassungen werden von den jeweiligen verfassungsgebenden Versammlungen aufgestellt. Das kann dann eine "Vollksabstimmung" sein, muss es aber nicht. Diese Konvente, wiederum, sollen die Bevölkerung repräsentieren, was z.B. durch Wahlen geschehen kann.

So benötigte z.B. die Verfassung der USA von 1787, die "dienstälteste" und immer noch geltende Verfassung auf gesamtstaatlicher Ebene und Modell der meisten modernen Verfassungen, lediglich die Zustimmung aus Ratifizierungskonventen der Bundesstaaten. Auch ihre Amendierung basiert entweder auf der Zustimmung der Legislativen oder entsprechenden Konventen der Bundesstaaten. Und ganz ähnlich war das auch beim Grundgesetz. Eine der ältesten radikaldemokratischen Verfassungen, nämlich die von Pennsylvania 1776, trat nach Beendigung des Verfassungskonvents sofort in Kraft, ohne jegliches Abstimmungverfahren außerhalb des Kovents. Dennoch war sie eine Verfassung, und -- politisch -- eine ziemlich radikale, weil sie jedes Gesetz indirekt von einer "Volksabstimmung" (Wahlen zur Legislative) abhängig machte. Auch wenn sie selbst bereits 1790 durch eine deutlich konservativere abgelöst wurde (die zwar der Bevölkerung vorgelegt wurde, nicht aber von deren Zustimmung abhing), war sie ein solches Vorbild, dass sie über den Umweg der Jacobinischen Verfassung von 1793 auch Eingang in die europäische Rechtstradition gefunden hat. Dem gegenüber basiert z.B. die immer noch geltende Verfassung von Wisconsin (1848) auf der Zustimmung der Bevölkerung.

Wesentliche Teile der (nicht kodifizierten) englischen Verfassung basieren auf teils uralten Gesetzen des Parlaments (das "damals" mit dem "Volk" nicht viel zu tun hatte) und der Zustimmung des (erblichen) Monarchen. Und bis heute hat dort jedes Parlamentsgesetz Verfassungsrang (weil das Parlament im Rahmen des politischen Gemeinswesens souverän ist). Diese Verfassung funktioniert basierend auf Prinzipien, die über 300 Jahre alt sind, und auch sie wurde zum Modell für viele andere, und sie funktioniert auch heute noch ganz wunderbar. Und das, obwohl die Briten -- streng genommen -- noch nicht einmal ihre Regierung wählen.

Es ist richtig, dass eine Verfassung als Gründungsakt eines Gemeinwesens prinzipiell von einer Zustimmung der Bevölkerung abhängen sollte, und das theoretisch eigentlich auch muss. Das aber kann durch einen allgemeinen Abstimmungsakt oder durch den Beschluss einer Versammlung, die die Bevölkerung repräsentiert, gesehehen. Erneut: Der älteste moderne Grundrechtskatalog kam durch genau dieses Prinzip zustande und seine Bestimmungen finden sich quasi in jeder "westlichen" Verfassung wieder. Wie die Ratifizierung im Einzelnen geregelt ist, ist aber immer Aufgabe des Verfassungskonvents, und keines dieser Verfahren bedeutet, dass die daraus entstehende Verfassung einen höheren oder niederen Rang hat.


[Beitrag von anon123 am 21. Mrz 2012, 12:04 bearbeitet]
servicegedanke
Hat sich gelöscht
#4110 erstellt: 21. Mrz 2012, 12:44
Unser Grundgesetz ist eine Art Provisorium und keine echte Verfassung. Eine Verfassung ohne Zustimmung des Volkes, dem sie ja dienen soll, ist höchstens formell eine Art Verfassung, eben ein Grundgesetz! NICHTS, was der Volkssouveränität nicht entspricht, kann man als Verfassung im eigentlichen Sinne bezeichnen. Und schon gar nicht wenn die Besatzungsmächte keinen unbescheidenen Einfluss darauf hatten und haben! Somit ist zwar die "Volksabstimmung" nicht zwingend nötig, da muss ich mich korrigieren, muss aber zur Sinnwahrung dem Volkeswillen entsprechen. Sonst ist es nicht das Papier wert, auf dem es steht. Rein juristisch gesehen ist eine Verfassung natürlich nur die oberste Direktive zur Steuerung der Staaten oder Staatengemeinschaften. Die immer wieder überraschenden Urteile des Bundesverfassungsgerichtes, legen zudem den Schluss nahe, dass man das GG dehnen und wenden kann, wie es der Einflussnahme beliebt. Das verstehe ICH nicht unter einer Verfassung. Für mich ist eine Verfassung eine Festschreibung der vom Volke bestimmten Inhalte oder Regeln zur Festigung und Einordnung der politischen Zukunft/Definition/Existenz. Das GG wird ständig erweitert, was unabdingbar ist, jedoch geschieht das weitestgehend "nebenbei" und wird auch von den Medien nur stiefmütterlich aufgegriffen.

Im Artikel 146 GG steht zu lesen:

"Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."


[Beitrag von servicegedanke am 21. Mrz 2012, 12:54 bearbeitet]
Soundscape9255
Inventar
#4111 erstellt: 21. Mrz 2012, 12:56
Diese Argumentation habe ich bisher nur auf Webseiten mit "rechten" Verschwörungstheorien gelesen.
servicegedanke
Hat sich gelöscht
#4112 erstellt: 21. Mrz 2012, 13:16
Einen urdemokratischen Abstimmungsprozess als rechte Propaganda? Verschwörungstheorien? DAS musst Du mir bitte erklären. Dazu reicht mein Verst...äh, meine Phantasie einfach nicht aus. Ist die Schweiz mit ihrer Volksabstimmung rechtes Gesox?
anon123
Inventar
#4113 erstellt: 21. Mrz 2012, 13:24

Eine Verfassung ohne Zustimmung des Volkes, dem sie ja dienen soll, ist höchstens formell eine Art Verfassung, eben ein Grundgesetz!

Gut, dass das die Dänen und Norweger nicht wissen. Die haben nämlich seit 1849 bzw. 1814 auch nur so ein "Grundgesetz". Aber vielleicht liegt's daran, dass zumindest in Norwegen auch nur ein Beschluss der Nationalversammlung dahinter steht. Bei denen Dänen weiß ich das nicht.

Zum Rest sage ich nichts.


[Beitrag von anon123 am 21. Mrz 2012, 13:30 bearbeitet]
servicegedanke
Hat sich gelöscht
#4114 erstellt: 21. Mrz 2012, 13:26

anon123 schrieb:

Zum Rest sage ich nichts.


Das war auch nicht zu erwarten.
anon123
Inventar
#4115 erstellt: 21. Mrz 2012, 13:31

Das war auch nicht zu erwarten.

Nein. Das ist so überzeugend. Was soll man da noch sagen?
servicegedanke
Hat sich gelöscht
#4116 erstellt: 21. Mrz 2012, 13:39
Es ging um den Unterschied Verfassung/Grundgesetz. In welchen Ecken oder Schubladen kramt ihr eigentlich, um eine Diskussion im Keim zu ersticken? Dieses Vorgehen kenne ICH zum Beispiel nur aus politischen Randgebieten. Ist das Einfordern einer Volkssouveränität schlimm/schlecht/verwerflich? Oder an was stören sich die Erhabenen? Das ich nicht aus der rechten Ecke komme, sollte nun wirklich jedem Dorftrottel geläufig sein, das kann es also nicht sein. Wo steckt also das Problem?
tsieg-ifih
Gesperrt
#4117 erstellt: 21. Mrz 2012, 13:49

Schnuckiputz schrieb:

tsieg-ifih schrieb:

Zum Glück verdanken wir einer nationalsozialistischen Partei die heute im GG garantierte Versammlungsfreiheit und vor allem die Demokratie, die wir geschichtlich gesehen ohne diese kranken Typen nicht hätten.


Nein, wir verdanken nicht etwa den Nazis unsere Demokratie, sondern vorrangig deren Mißbrauch und faktische Abschaffung.

Tja weisst du was sonst passiert wäre, wenn die Geschichte andersrum verlaufen wäre und wo wir dann heute stünden? So meinte ich das oder anders gesagt du musst erst durch die Sch.... gehen, um das Gute würdigen zu können. Dämmerts?
Vom Prinzip sind beide Aussagen vergleichbar, ich hab's nur ironischer formuliert, hätte ein Smiley setzen sollen.


Das Eklat Pofalla-Bosbach zeigt doch klar, was in der Praxis unserer Demokratie läuft, wie dort von eingen die Demokratie mit Füßen getreten wird ... um der bloßen Macht willen.

Ach was, das obszöne Beispiel zeigt nur eineen kleinen Wahrheitsauschnitt des normalen Werteverfalls und Wahnsinns unserer dekadenten Gesellschaft von denen wir umzingelt sind ;-)

Es hat sich doch schon längst herausgestellt, wenn die läfzende Meute der Presse und andere Massenmedien durch's Schlüsselloch geheime Wünsche des Volkes erfüllen (siehe Wikileaks), was voller Sehnsucht darauf wartet, dass zwischenmenschliche Vertraulichkeiten aus verschlossenen Hotel- und Hinterzimmern nach aussen dringen um dann draufzuhauen, als ob der ganze Volksfrust der sich aufgestaut hat raus muss.

Man kann ja von den Medien nicht erwarten dass sie als 4. Macht im Staat die Sümpfe aufdecken sollen und gleichzeitig Ross und Reiter bzw. das Gesagte nicht nennen. Die Gesellschaft erwartet indiskrete Veröffentlichungen von Geheimnissen um sie dann schadenfeudig auszuschlachten. Unsere Welt ist kein Ponyhof.
Wenn dann so einer kommt, wie unser Vorzimmer-Moralapostelhund Wulff, der sich selbst anpinkelt, anstatt einfach mal "die Fresse" im richtigen Moment zu halten, der ist dann selber schuld. Er hätte es wissen müssen.

Die Klarsfeld hatte 68 den Kiesinger eine legitim geklatscht und die Bilder gingen um die Welt. Na und? Ist doch ok da kommt bisserl Stimmung rein.
Schau dir die verbalen Ausrutscher von Wehner klick und Strauss klick an und die Goebbels und Nazi Vergleiche. Godwin's Law, die als politisch korrekte Formeln heute in jeder Internetdiskussion zwangsläufig enden.
Wer will schon langweiliges Harmoniegeschwätz was der Quote nur schadet ?
anon123
Inventar
#4118 erstellt: 21. Mrz 2012, 14:23
@servicegedanke:


Es ging um den Unterschied Verfassung/Grundgesetz.

Ja. Und "Grundlov" heißt was?
Ansonsten siehe hier:

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (umgangssprachlich auch Deutsches Grundgesetz; allgemein abgekürzt GG, seltener auch GrundG) ist als geltende „Verfassung der Deutschen“[1] die rechtliche und politische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland.
[...]
Die Kriterien eines materiellen Verfassungsbegriffs erfüllt das Grundgesetz dagegen bereits von Anfang an, indem es eine Grundentscheidung über die Form der politischen Existenz des Landes trifft: Demokratie, Republik, Sozialstaat, Bundesstaat sowie wesentliche Rechtsstaatsprinzipien. Neben diesen Grundentscheidungen regelt es die Staatsorganisation, sichert individuelle Freiheiten und errichtet eine objektive Wertordnung.
[...]
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in seiner heutigen Form ist eine perpetuierte[7] und legitimierte[8] Verfassung. Sie kann nur durch Beschluss einer neuen abgelöst werden (Art. 146).
[...]
Die für den Fall der Wiedervereinigung in Frage gekommene Abstimmung über eine Verfassung gemäß Art. 146 fand jedoch angesichts des „Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland“[14] nicht statt. In der Begründung zur Nichtannahme einer (diese Frage nur am Rande) betreffenden Verfassungsbeschwerde legte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts am 12. Oktober 1993 dar, „[a]uch Art. 146 GG begründet kein verfassungsbeschwerdefähiges Individualrecht (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG).“[15]
[...]
Gemäß Art. 146 GG verliert das Grundgesetz seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen wurde. Einen Aufruf, eine derartige Verfassung zu beschließen, enthält das Grundgesetz jedoch nicht.
[...]
Vielmehr schließe der belassene Artikel 146 eine Verfassungsreform mit Aufhebung des Grundgesetzes zwar nicht aus, er verlange sie aber auch nicht.[33]
[...]
Es ist nur scheinbar ein Widerspruch, dass diese gesamtdeutsche Verfassung weiterhin die Bezeichnung „Grundgesetz“ trägt. Das Grundgesetz erfüllt nicht nur alle Funktionen einer Verfassung und hat sich bereits im Laufe der Geschichte der Bundesrepublik als solche gefestigt, sondern wird auch den Legitimitätsanforderungen an eine Verfassung gerecht. Die Beibehaltung des ursprünglichen Namens Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ist historisch bedingt und lässt sich auch als Respekt vor der Arbeit des Parlamentarischen Rates deuten. Gegenwärtig lautet daher die Feststellung zur Verfassungsgesetzgebung vereinfacht: Das Grundgesetz ist die Verfassung.[34]

Das kommt dann auch aus meiner bescheidenen Sicht so hin: Das Grundgesetz ist die deutsche Verfassung. Es kann -- muss aber nicht -- von einer Verfassung abgelöst werden, für die dann eine Entscheidung des deutschen Volkes -- sicher in noch zu bestimmender Form -- vorgesehen wäre. So wie es aussieht, gibt es dafür aber weder materielle, noch formale, noch politische Gründe. Alles andere ist -- pardon -- semantische Spitzfindigkeiten.


Ist das Einfordern einer Volkssouveränität schlimm/schlecht/verwerflich?

Nein. Überhaupt nicht.

Ich will Dir, nun aber wirklich abschliessend, anhand einiger Zitate, zeigen, wie Volkssouveränität und Repräsentation zusammenhängen. Das bedeutet, dass diese Souveränität durchaus in Referenda Audruck finden kann, wie etwa in der Schweiz, das aber nicht muss. Und es bedeutet, dass der Verzicht darauf eben nicht ein Verzicht auf Volkssouveränität ist.

Also ...

Eine Erklärung der Rechte, von den Vertretern der guten Bevölkerung von [rate mal], in vollständiger und freier Versammlung zusammengetreten, abgegeben über die Rechte, die ihnen und ihrer Nachkommenschaft als Grundlage und Fundament der Regierung zustehen.

Alle Menschen sind von Natur aus in gleicher Weise frei und unabhängig und besitzen bestimmte angeborene Rechte, welche sie ihrer Nachkommenschaft durch keinen Vertrag rauben oder entziehen können, wenn sie eine staatliche Verbindung eingehen [...]

Alle Macht ruht im Volke und leitet sich folglich von ihm her; die Beamten [Regierenden] sind nur seine Bevollmächtigten [Treuhänder] und Diener und ihm jederzeit verantwortlich.

Eine Regierung ist oder sollte zum allgemeinen Wohle, zum Schutze und zur Sicherheit des Volkes, der Nation oder Allgemeinheit eingesetzt sein [...] [D]ie Mehrheit eines Gemeinwesens hat ein unzweifelhaftes, unveräußerliches und unverletzliches Recht, eine Regierung zu verändern oder abzuschaffen, wenn sie diesen Zwecken unangemessen oder entgegengesetzt befunden wird, und zwar so, wie es dem Allgemeinwohl am dienlichsten erscheint.

Die Wahlen der Abgeordneten, die als Volksvertreter in der Versammlung dienen, sollen frei sein [...] Ihnen [der Bevölkerung] kann ihr Eigentum nicht zu öffentlichen Zwecken besteuert oder genommen werden ohne ihre eigene Einwilligung oder die ihrer so gewählten Abgeordneten, noch können sie durch irgendein Gesetz gebunden werden, dem sie nicht in gleicher Weise um des öffentlichen Wohles willen zugestimmt haben.

Jede Gewalt, Gesetze aufzuschieben oder auszuführen durch irgendeine Autorität ohne Einwilligung der Volksvertreter, ist ihren Rechten abträglich und soll nicht durchgeführt werden.


Das definiert das Volk eindeutig und unmissvertändlich als obersten Souverän. Da steht aber kein Wort von Volksabstimmung. Dennoch sind erstens die Rechte des Volkes Grundlage dieser ganzen Veranstaltung, und zweitens kommt die Volkssouveränität an vielen Stellen deutlich zum Ausdruck. Dieses Modell funktioniert seit über 230 Jahren, mit Macken und Fehlern, insgesamt aber ganz wunderbar, und es ist gleichsam zur universalen Basis geworden.


Wo steckt also das Problem?

Das Problem ist, neben z.B. einer etwas verschobenen Sicht auf die Anfänge des Grundgesetzes, dass Du von einem einfachen Modell politischer Souveränität ausgehst, das zwar zum Beginn der Demokratie in der griechischen polis funktionierte, und es heute noch in einigen Staaten (z.B. der Schweiz) teilweise tut, dass sie aber in größeren Republiken nicht funktionieren kann und in der Tat Gefahren mit sich bringen kann. Deshalb beinhalten diese Verfassungen eben Mischformen, die auf Volkssouveränität basieren, diese aber genauso einhegen wie die Macht der Regierung. Und das ist ein Thema, das von Anbeginn der Staatstheorie bestimmend war, und so in ähnlicher Form in jeder erfolgreichen und dauerhaften Demokratie realisiert wurde. Und ich bin jetzt mal so kühn und behaupte: Solange nicht eine gefestigte politische Kultur vorliegt, wie eben in der Schweiz, sollte man den Finger von allzu viel "Direktdemokratie" lassen, eben um diese Demokratie und die Rechte des Einzelnen zu schützen.


[Beitrag von anon123 am 21. Mrz 2012, 15:01 bearbeitet]
Schnuckiputz
Stammgast
#4119 erstellt: 21. Mrz 2012, 15:22
Wie ich schon sagte, es gibt unterschiedliche Meinungen zum Thema. Ich vermag trotzdem z.B. bis heute nicht zu erkennen, wieso das GG insofern hinter der Weimarer Verfassung zurückbleibt, indem auf eine Voksabstimmung verzichtet wurde, während die Weimarer Verfassung durch Volksabstimmung legitimiert ist. Was bezweckt man damit, den Souverän nicht abstimmen zu lassen? Hat man Angst vor dem Souverän?

Wer das allein mit dem Hinweis abtut, diese Sicht könne man auch bei rechten Verschwörungstheorien lesen, zeigt nur, wie schwer Gegenargumente zu finden sind. Da ist natürlich ein "Killerargument" stets willkommen ...

Was also spricht konkret dafür, unser GG anders als die Weimarer Verfassung nicht durch Volksabstimmung zu legitimieren? Soll denn wirklich die in mancher Hinsicht unglückliche Weimarer Verfassung die letzte vom Volk legitimierte deutsche Verfassng bleiben und damit ausgerechnet die Verfassung, die Hitler möglich machte bzw. ihn nicht verhindern konnte?
anon123
Inventar
#4120 erstellt: 21. Mrz 2012, 15:52
Die Weimarer Verfassung wurde nicht von einer Volksababstimmung legitimiert. Sie wurde von der im Januar 1919 frei gewählten Weimarer Nationalversammlung entworfen und im Juli mit überragender Mehrheit verabschiedet. Im August 1919 trat sie dann nach der Unterschrift Eberts in Kraft. Auch die Paulskirchenverfassung wurde von einer gewählten Nationalversammlung erarbeitet und verkündet. Sie konnte nicht ratifiziert werden, weil das "zuständige Staatsoberhaupt" (OK -- schlechte Umschreibung), nämlich Friedrich Wilhelm Vier, die Annahme verweigerte. Der Rest ist dann ja bekannt.

Auch alle anderen deutschen Verfassungen auf Gesamtstaatsebene wurden nicht vom Volk ratifiziert. Die Rheinbund-Akte (1806) war ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen Frankreoch (Napoleon) und den deutschen Bundesfürsten. Die Bundesakte (1815) war ein ebensolcher Vertrag. Die Verfassung von 1820 (Wiener Schlussakte) ist wenigstens vom Frankfurter Bundestag enstimmig ratifiziert. Die Bismarcksche Reichverfassung (1871) ist im wesentlichen die Übernahme des Norddeutschen Bundes, bei dem der ratifizierende Norddeutsche Reichstag wenigstens wichtige Änderungen vornahm, durch Übereinkunft der Länder.

Und noch einmal: Sowohl die Paulskirchenverfassung, als auch Weimarer Verfassung, als auch das Grundgesetz basieren sehr wohl auf der Zustimmung des Volkes. Sie tun das, weil in allen drei Fällen eine gewählte Nationalversammlung (die "Beamten" und "Bevollmächtigten", die dem Volk jederzeit verantwortlich sind) dafür verantwortlich war. Beim Grundgesetz kam noch hinzu, dass sein Inktafttreten an die Zustimmung von mindestens 2/3 der gewählten Länderlegislativen notwendig war (eben ähnlich wie in den USA, wenig überraschend). Es ist aber keine einzige deutsche Bundesverfassung in irgend einer Weise von einer Volksabstimmung ratifiziert oder legitimiert worden, und man kann dem Grundgesetz sogar noch den größten Grad an demokratischer Legitimierung zubilligen.

Es zeigt sich also auch hier: Es ist bei einer Verfassungsgebung möglich, aber nicht zwingend nötig, dass die Ratifizierung durch eine Volksabstimmung durchgeführt wird. Eine demokratische legitimierte Versammlung kann das genauso tun, wenn das bei der Verfassungsgebung so festgelegt ist.


[Beitrag von anon123 am 21. Mrz 2012, 19:21 bearbeitet]
servicegedanke
Hat sich gelöscht
#4121 erstellt: 21. Mrz 2012, 17:16
Ich kann das alles nachvollziehen. Und es ist auch wahrscheinlich so angedacht gewesen, dass das Volk seine Vertreter wählt und demzufolge auf eine volkslegithimierte Verfassung verzichtet werden kann. so die Theorie und das Märchen von "Demokratie". Es gibt leider zu viele Einfluss/Störfaktoren, die unsere Demokratie fast schon Lachhaft machen (Demoversion steckt ja schon drin im Wort. ). Was haben wir für eine Auswahl, unsere Vertreter zu wählen? Welche "echten" Alternativen stehen zur Wahl, die von der Mainstreampresse auch "geduldet" werden? Nix! Das ist keine Demonkratie, das ist Parteiendiktatur. Hinzu kommt die Gerichtsbarkeit, um überhaupt seine Rechte wahrzunehmen, bzw. durchfechten zu können, muss man entweder unsterblich sein oder über ein großes Vermögen oder gefährliches Insiderwissen verfügen. Es ist faktisch eine Frage der Liquidität, ob und wann ich Recht bekomme. Der Bürger wird per Medienauftrag manipuliert, bis hin zur kollektiven Gehirnwäsche. Pressefreiheit ist zu einem Problem geworden, indirekt, denn frei ist sie ja nicht wirklich. denn durch Druckmechanismen haben wir überwiegend nur noch Auftragsschreiberlinge und Moderatordumpfbacken, die autistisch alles vom Prompter abplappern, was ihnen vorgesetzt wird. Man braucht nur mal zu beobachten, wie in den Medien der Tarifstreik oder die Tarifstreiks als Gängelung des braven Bürgers, der ja nur zu Arbeit kommen möchte, gebrandmarkt wird. Das ist beim WDR so und bei allen anderen Sendern, insbesondere n-tv . Das ein Streik oder Arbeitskampf nur dann etwas bringt, wenn es auch weh tut, das ist doch wohl klar. Und wenn die Mehrwertsteuer erhöht wird, dann interessiert es die Presse ja auch einen feuchten Kehrricht, ob diese Maßnahme dem braven und zur Arbeit gehenden Bürger die Kaufkraft nimmt. das ist dann alternativlos, egal welche hirnrissige Begründung dafür herangezogen wird. Wenn alle den gleichen Stuß behaupten, wird die Lüge zur Wahrheit.

In der Theorie ist natürlich alles bestens. So steht es in den Lehrbüchern, in freiem Schulungsmaterial, gesponsert von Bertelsmann, in den Vorlesungen der Unis und in elitären Kreisen tröstet man sich immer wieder gerne mit diesem "die Welt ist doch schön Gefasel". Für gewisse Grüppchen ist das tatsächlich so. Das sind aber dann auch Grüppchen, die eine "echte Verfassung" meiden wie der Teufel das Weihwasser. Es gibt eine heftige Diskrepanz zwischen Dichtung und Wahrheit!

Und die Gefahren einer Direktdemokratie? Diese Gefahren existieren nur, wenn die große Masse der Bevölkerung doof wie Bohnenstroh ist. Daher mag es mittlerweile tatsächlich eine gewisse Gefahr bergen. Jedoch nicht grundsätzlich! In einem ehemaligen Land der "Denker und Dichter" wäre eine Direktdemokratie die ideale Form der Mitbestimmung. Vielleicht stellt man sich Direktdemokratie auch viel zu trivial vor. Eine plumpe Abstimmung per Fragebogen, "Reichensteuer? Ja/Nein", "Solizuschlag weg? Ja/Nein" stelle ich mir natürlich nicht vor. Obwohl das allemal besser wäre als diese Politmarionetten zu beauftragen, die nach Sprosse ihrer Karriereleiter entscheiden.

Nur zur Info. Ich bin weder rechts, noch links. Ich bin aber für Gerechtigkeit in allen Beziehungen und daher vielleicht unbequem, weil ich die Dinge gerne beim Namen nenne und mich nicht hinter Phrasen verstecke. Aber ich bin keine politische Randfigur. Und in diese Schubladen lasse ich mich auch nicht stecken. Ich bin auch nicht gegen Reichtum. Im Gegenteil, ich bin selbst kein Kostverächter. Wenn ich aber Kavier fresse und mein Nachbar kramt in meiner Mülltonne, weil er durch das gesellschaftliche Raster gefallen ist, dann bekomme ich trotzdem das Kotzen. Dann lade ihn zum Essen ein und zeige ihn nicht zynischerweise wegen Hausfriedensbruch auch noch an, wie es der Geldadel gerne macht.
anon123
Inventar
#4122 erstellt: 21. Mrz 2012, 17:34

Man braucht nur mal zu beobachten, wie in den Medien der Tarifstreik oder die Tarifstreiks als Gängelung des braven Bürgers, der ja nur zu Arbeit kommen möchte, gebrandmarkt wird. Das ist beim WDR so und bei allen anderen Sendern,

Davon finde ich hier nichts, hier auch nicht, hier auch nicht, hier auch nicht, und auch hier nicht. Hier ein bißchen, vielleicht auch hier. Von Gängelung habe ich da nichts gelesen.

Ich habe natürlich ein paar Kommentare gelesen und gehört, die das Ausmaß und die Auswirkumgen der Warnstreiks kritisieren, zumal verbunden mit der Androhung eines unbefristeten Streiks. Aber so ist das nunmal mit einer freien Presse (und ich behaupte ja, dass sie frei sie): Zum Berichten kommt eben das Kommentieren. Das ist nicht nur legitim, das ist sogar dringend notwendig, und das machen Zeitungen -- links, mitte, rechts -- schon immer. Man nennt sowas, glaube ich, Presse- und Meinungsfreiheit.


[Beitrag von anon123 am 21. Mrz 2012, 17:36 bearbeitet]
Schnuckiputz
Stammgast
#4123 erstellt: 21. Mrz 2012, 20:10

anon123 schrieb:
Die Weimarer Verfassung wurde nicht von einer Volksababstimmung legitimiert. Sie wurde von der im Januar 1919 frei gewählten Weimarer Nationalversammlung entworfen und im Juli mit überragender Mehrheit verabschiedet.


Richtig, die Wahl zur Nationalversammlung fand am 19.01.1919 statt. Damit war aber die Ausarbeitung und der Beschluß der Weimarer Verfassung doch wohl eindeutig vom Souverän, dem Volk, legitimiert. Und das ist eben der Unterschied zum GG, das zu keiner Zeit vom Souverän legitimiert wurde. Vielmehr wurde das GG im Auftrag der drei westlichen Besatzungsmächte erarbeitet und alsdann in Kraft gesetzt ohne vorherige formelle Legitimation durch das Volk .

Dieses Verfahren mag der besonderen damaligen Lage und der "Übemacht" der Alliierten geschuldet gewesen sein. Das war auch nicht weiter schlimm, weil das GG ohnehin explizit keine für ganz Deutschland gültige echte Verfassung sein sollte, sondern als Provisorium für eine Übergangszeit bestehen sollte, bis das ganze deutsche Volk sich eines Tages in freier Selbstbestimmung wieder eine "richtige" Verfassung geben würde.

Der beste und richtigste Zeitpunkt dafür wäre die Wiedervereinigung gewesen. Was hinderte daran, dem deutschen Volk z.B. eine Verfassung in Anlehnung an das GG zur freien Abstimmung vorzulegen? An den Vorarbeiten dazu hätten auch die einstigen DDR-Bürger beteiligt werden können und müssen. Das wäre politisch besser gewesen und verfassungsrechtlich "hygienischer" als der DDR faktisch das GG der BRD überzustülpen ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, ob das GG nicht auch in einigen Teilen verbesserungsfähig sein könnte.
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