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Der Klassik-Stammtisch - alles worüber ihr euch austauschen wollt+A -A |
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Autor |
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Klassikkonsument
Inventar |
#151 erstellt: 12. Aug 2008, 17:17 | |||
Hallo Mellus,
vielleicht kam das mit dem verbindlichen Stil etwas flapsig rüber. Aber das ist schon ein großes Problem. Entsprechend war in früheren Zeiten die Frage, was schön sei, leichter (vielleicht sogar zu leicht?) zu beantworten, weil ein begrenzter Kreis von Leuten mit Muße für und Interesse an dieser Frage sich über ein relativ stabiles Ideal der Schönheit einig war. Was die neuere abendländische Kunstmusik so ab Ende des 19., spätestens aber im 20. Jahrhundert so neu macht, ist wohl eine Tendenz zur ästhetischen Individualisierung. Zwar haben z. B. Leos Janacek, Charles Ives, Jean Sibelius oder Arnold Schönberg, die ihnen vorangegangene Tradition durchaus studiert, dann aber - so flapsig das klingen mag - ihr eigenes Ding gemacht, mit dem Risiko, sich vom allgemeinen ästhetischen Empfinden abgekoppelt zu haben. Wie weit sich das etwa von Beethovens Individualisierung unterscheidet, weiß ich nicht. Aber meine diffuse Vermutung ist, dass Beethoven immer noch integrierter war. Vielleicht ist das mit Beethoven auch eine Fehleinschätzung. Schließlich darf man die einordnende, mitunter heroisierende Rezeption, die ihn aus seiner Außenseiter-Position nachträglich herausgeholt haben mag, nicht unterschätzen. Andrerseits gibt es erst im 20. Jahrhundert eine Rezeption von Außenseitern, die dann z. B. Charles Ives doch noch wahrnimmt, obwohl er nach seinem Musikstudium praktisch für die Schublade komponiert hat und vor allem: sich einen Dreck darum geschert hat, was in der musikalischen Welt gerade vorgeht. Das war bei Beethoven noch anders. Wenn nun aber so ein künstlicher Autismus legitim ist, worin soll dann noch ein verbindlicher Maßstab für Kunst, Schönheit & Qualität bestehen? Also kann man in dieser unsrer postmodernen Epoche gar nicht mehr von schlechter Musik reden. Es gibt nur noch Musik, die man selbst allein als langweiliger oder spannender empfindet. Zwar trifft man dann vielleicht auf viele Leute, die das ähnlich sehen - aber bestimmt nie genau so. Viele Grüße |
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Mellus
Stammgast |
#152 erstellt: 14. Aug 2008, 13:50 | |||
Hallo Klassikkonsument, ich hoffe doch sehr, dass Du mit Deiner Diagnose der musikalischen Postmoderne unrecht hast:
Denn Beliebigkeit, auch ästhetische, kann ich nicht leiden. Mein horror arbitrarii. Laissez-faire führt zu einer Gleichmacherei, unter der jeder Wert -- das "altmodische" Gute, Wahre, Schöne -- verschütt geht. Das wäre wenigstens schade, wenn nicht gar gefährlich. Aber vielleicht liegt hier ein Anknüpfungspunkt:
Vielleicht ist es gerade das, was Du "Autismus" nennst, was Bestandteil eines Maßstabs für Kunst sein kann (ich schreibe absichtlich nur von einem Bestandteil), nämlich das Erreichen einer eigenen Sprache vor dem Hintergrund der jeweils gültigen Ästhetik. Diese eigene Sprache fließt dann wieder zurück in die jeweils gegenwärtgige Kunstauffassung und trägt zur Bildung eines neuen Maßstabs bei. Beethoven hat das erreicht. Ives nur zum Teil. Zwar hat er eine eigene Sprache entwickelt, mit den musikalischer Mitteln seiner Zeit von zwei Kontinenten, seine Form des musikalischen Ausdrucks wirkte aber nicht zurück. Ein Zu-früh-Geborener? Das Wechselspiel aus Aufnehmen und Verändern der jeweils aktuellen musikalischen Methoden und Ausdrucksweisen ergibt ein dynamisches, evolutionäres Bild ästhetischer Standards. Vielleicht lässt sich sogar die Geschichte der Musik als eine Abfolge von Avantgarden erzählen? Was vielseitiger geworden ist, ist der "musikalische Werkzeugkasten", den heutige Komponisten zur Verfügung haben. Sie können sich Kompositionstechniken der Renaissance, des Barock, der Klassik, des Serialismus, des Spektralismus und was es da noch alles gibt zu nutze machen. Gute Musik kommt aus diesem Schmelztiegel dann heraus, wenn es dem Komponisten oder der Komponistin gelingt, daraus eine eigene Musik zu schaffen -- "Autismus". Der Unterschied zwischer guter und nicht so guter Musik läuft dann auf den zwischen origeneller und epigonaler Musik hinaus. (Schönberg würde von "wahrer" Musik sprechen. Über Epigonen und was davon zu halten ist, hat meines Wissens auch Wagner schon einiges zu sagen gewusst.) Viele Grüße, Mellus |
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Mellus
Stammgast |
#153 erstellt: 17. Aug 2008, 11:16 | |||
Hallo allerseits, zur Fußballeuropameisterschaft war hier ja richtig was los. Zur Zeit findet -- Ihr habt es sicher mitbekommen -- dieses "Festival für Randsportarten und Leichtathletik" statt. Wie haltet Ihr es mit Olympia? Grüße, Mellus |
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chris222
Inventar |
#154 erstellt: 17. Aug 2008, 21:56 | |||
Hallo zusammen, ich belasse es mal dabei, einen Aspekt aufzugreifen, der uns bei der Eröffnungsfeier aufgefallen ist -> Co-Kommentatorin = Sandra Maischberger??? Ah ja, liebe ARD, Sandra Maischberger - wer kennt sie nicht als Sportkommentatorin in Eurem Haus?! LG |
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Martin2
Inventar |
#155 erstellt: 18. Aug 2008, 21:16 | |||
Olympia interessiert mich nicht sonderlich. Die Fußball EM hat mich schon mehr interessiert. Ich komme aber immer mehr vom Sport ab. Irgendwie komisch ist es doch schon, daß jemand plötzlich furchtbar interessant ist, nur weil er etwas schneller laufen oder schwimmen kann als andere. Natürlich anderseits auch wieder rührend. Ich finde trotzdem, daß Sport in dieser Gesellschaft einfach zu ernst genommen wird. Also wenn jemand zum Beispiel als Kind lungenkrank gewesen ist und deshalb beim Sport schlechte Noten bekommt, finde ich das voll Scheiße. Aber anderseits, wenn jemand ein bißchen blöd ist und deshalb im Leben nichts reißt, kann der entsprechende auch nichts dafür. Insofern ist es vielleicht doch auch begrüßenswert, daß es sowas wie Sport gibt. |
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Kings.Singer
Inventar |
#156 erstellt: 18. Aug 2008, 21:34 | |||
Mich beängstigt die eklatante Führung der chinesischen Mannschaft im Medaillenspiegel doch etwas... |
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Klassikkonsument
Inventar |
#157 erstellt: 18. Aug 2008, 22:11 | |||
Beim Sport geht's mir ganz ähnlich wie Martin. Ich fand es aufregend wie bei der letzten Fußball-EM die türkische Mannschaft in mehreren Partien das Spiel immer noch gewendet hat. Absurd finde ich die Einigkeit bei der Ablehnung des Dopings. Im Moment ist das doch ganz einfach: wer nicht dopt (wenigstens im Training vor dem Turnier) spielt in der vordersten Riege der letzten Millimeter und Millisekunden einfach nicht mit. Daran werden auch strengere Kontrollen nix ändern. Es wird einfach ein Katz-und-Maus-Spiel bleiben, neue Doping-Methoden und dagegen neue Tests zu entwickeln. Vielleicht sollte man mal Doping zu einer neuen Sportart küren. Dass sich die Profi-Sportler so oder so gründlich ruinieren, scheint dagegen ziemlich egal zu sein. |
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enkidu2
Inventar |
#158 erstellt: 19. Aug 2008, 18:27 | |||
Der Kabarettist Volker Pispers hat ja mal den Vorschlag geäußert, dass jeder Sportler aufs Trikot drauf schreiben sollte, was man genommen hat. So könne man dann auch sehen, was funktioniert und was nicht. Ich finde, der Gedanke hat was. Also sollte man Doping doch frei geben. Solange jeder sauber deklariert, was in einem drin ist, ist's legal, sonst nicht. Ich meine, der Kampf gegen das Doping ist doch nicht zu gewinnen. Und letztendlich, wer will ihn denn gewinnen? In erster Linie geht's um's gewinnen. Gewinnt der Sportler, die Sportlerin, fragt doch keiner, ob er/sie gedopt ist. Außer denen, die unterlegen waren. Für mich ist der Sport erledigt: Bei jedem neuen Weltrekord gehe ich davon aus, dass das nicht unbedingt auf die Evolution zurückzuführen ist oder verbesserte Trainingsmethoden. Ne, ich glaube schon, dass da auch ein paar Mittelchen mit eine Rolle spielten, egal ob die nun auf einer Liste unerlaubter Präparate standen oder nicht. |
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Mellus
Stammgast |
#159 erstellt: 22. Aug 2008, 09:43 | |||
Nun werden sogar schon die Pferde gedopt! (Ausschluss von deutschen Springreitern.) Interessant aber, womit: Capsacain. Da ich selbst sehr gerne scharf esse, ist mir dieser Stoff nicht unbekannt; er sorgt für die Schärfe in Chilis und das Brennen auf der Zunge. Nun stellen sich mir zwei Fragen: 1. Bin ich nach dem Essen gedopt? 2. Müssen Thailänder, Mexikaner, Vietnamesen ihre Ernährung umstellen, um nicht des Dopings überführt zu werden? |
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Klassikkonsument
Inventar |
#160 erstellt: 22. Aug 2008, 13:51 | |||
Dann ist es ja gut, dass Du den Beitrag offenbar vorm Mittagessen (11:43h) geschrieben hast. Viele Grüße |
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Deukalion
Inventar |
#161 erstellt: 22. Aug 2008, 15:57 | |||
Mellus schrieb:
Der Stoff sorgt wohl für eine bessere Versorgung der Zellen mit Sauerstoff. Das kann doch gar nicht schlecht sein Ginko- Extrakt wirkt ähnlich. Und wer würde bei den Ginko- Präparaten am Markt (gegen Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, bei Tinitussymptomatik...) von Doping sprechen!? Ich würde die munteren Pferde wieder zulassen! |
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Mellus
Stammgast |
#162 erstellt: 22. Aug 2008, 20:32 | |||
Vielen Dank für Deine Fürsorge. Aber nun ist ja nach dem Mittagessen! Leider muss sich gerade Capsacain mit Wein um den Rang des Hauptwirkungsfaktors streiten.
Ginko-Präparate kenne ich bisher nicht. Ich werde die mal auf die Einkaufsliste setzen. Aber im Ernst: Die Grenze zwischen Doping und normaler Ernährung bzw. Medizin scheinen recht fließend zu sein. Warum sollte Sportlern verboten sein, was jeder Bürger ruhigen Gewissens macht? Dopinggesetze und -kontrollen in der gegenwärtigen Form haben eine gutmenschliche Scheinheiligkeit an sich, da hat enkidu2 schin recht. Beste Grüße, Mellus |
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Klassikkonsument
Inventar |
#163 erstellt: 23. Aug 2008, 09:07 | |||
Auch Epo (Eurythropoetin) sorgt wohl für eine bessere Sauerstoffversorgung. Die darf man also nicht künstlich anregen. Wer in diesem Punkt dagegen mit einer überdurchschnittlich guten Gen-Ausstattung gesegnet ist, hat einen natürlichen Vorteil, der den Athleten weniger sich abstrampeln lässt. Viele Grüße |
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Kreisler_jun.
Inventar |
#164 erstellt: 23. Aug 2008, 09:46 | |||
"Schon" ist gut! Doping (die Sache und der Ausdruck) wurde für (Renn-)pferde erfunden! In diesem Sport steckte nämlich auch zu Zeiten als die meisten menschlichen Athleten noch Amateure waren (aber auch nicht alle) ziemlich viel Geld drin, wegen der Wetten.
Wenn ich recht verstanden habe, wurde das Zeug den Pferden äußerlich appliziert, damit sie stärkere Schmerzen beim Reißen der Hindernisse spüren und das daher tunlichst vermeiden. Und natürlich steht auf der Pferde-Liste was anderes als auf der für Menschen. Gewiß ist bis zum gewissen Grade willkürlich, was auf der Liste steht. Dennoch ist es zweifellos sinnvoll besonders gesundheitsschädliche Substanzen zu verbieten. Der Punkt ist aber letztlich, daß es egal ist, was draufsteht, solange sich jeder dran hält. Die Scheinheiligkeit, mit der die Debatte moralisch aufgeladen wird, finde ich auch zum Kotzen (ebenso wie gewisse Athleten sehr schnell scheel angesehen werden, andere, mit wesentlich mehr Weltrekorden aber anscheinend unbegrenztes Vertrauen genießen...). Man sollte es eher als eine Spielregel betrachten. Genauso wie die schnellste Staffel rausfliegt, wenn sie die Wechselzone nicht einhält oder das Holz verliert, fliegt der raus, der was nimmt, was auf der Auschlußliste steht. viele Grüße JK jr. |
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Joachim49
Inventar |
#165 erstellt: 26. Aug 2008, 20:03 | |||
Will mich auch mal wieder am Stammtisch melden mit einer richtig schönen Stammtisch-Meinung. Ich habe gerade in der WELT gelesen (ein zufällig gefundenes Exemplar, - ich meide Produkte des Hauses Springer), bei den Olympischen Spielen in London in 4 Jahren, könne der freie Westen im Ursprungsland der Demokratie den Chinesen und dem Rest der Welt zeigen, was unsere Werte sind. Einen Vorgeschmack davon haben wir ja bei der Abschlussfeier in Peking (oder wie heisst das jetzt?) gesehen, als auf dem Dach des roten Doppeldeckbusses ein schon lange ergrauter Rockstar auf die lächerlichste, pubertäre Weise herumhüpfte und mit seinem inzwischen etwas eingefallenen Arsch wackelte, während dazu irgendein mir unbekanntes Pop-idol ihren Playbackauftritt hatte zu irgendeiner 0815 Popmusik. Das haben wir Demokratiehüter also zu bieten, wenn Millionen Menschen in der ganzen Welt zuschauen. Freundliche Grüsse Joachim |
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enkidu2
Inventar |
#166 erstellt: 26. Aug 2008, 22:19 | |||
Haben die wirklich Großbritannien als Ursprungsland der Demokratie betitelt? Ich dachte, das sei Griechenland. |
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Mellus
Stammgast |
#167 erstellt: 27. Aug 2008, 07:02 | |||
Ich schließe mich enkidu2 an!
So etwas kommt halt dabei heraus, wenn auch über künstlerische Güte demokratisch entschieden wird! Grüße, Mellus |
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Joachim49
Inventar |
#168 erstellt: 27. Aug 2008, 09:18 | |||
Nicht ganz so wörtlich. Das mit dem Ursprungsland ist ein Gedächtnisfehler meinerseits - solls an Stammtischen ja geben. Und ob Griechenland wirklich demokratisch war? (Hatten die Frauen, Sklaven und Zuwanderer Rechte ? Hier also wörtlich: "Mit Grossbritannien, das im Jahr 2012 der nächste Gastgeber sein wird, verbindet sich die Idee des fair play und eines Gesellschaftsideals, das sich multikulturell, multireligiös und multiethnisch versteht. Aus London könnte die Antwort kommen, auf die freiheitlich verfasste Gesellschaften hoffen: die Soiele stehen nicht nur für den Sport, sondern auch für den Zusammenhalt der Welt - und nicht allein für die Darstellung nationaler Grösse." (Welt-Kompakt, Mo 25.8.2008, Seite 8 ) Als ich das las, da dachte ich, wenn der Auftritt auf dem Doppeldeckbus ein Vorgeschmack auf "die Antwort freiheitlich verfasster Gesellschaften" ist, dann ist das recht beschämend. Freundliche grüsse Joachim |
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Maastricht
Inventar |
#169 erstellt: 27. Aug 2008, 09:56 | |||
Das positive daran ist aber das es nur eine der vielen Expressionsmöglichkeiten ist die in GB möglich sind. Die brauchen mir auch sicher nicht alle gefallen, aber gut das es kann. Gruss, Jürgen |
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Mellus
Stammgast |
#170 erstellt: 18. Sep 2008, 15:37 | |||
Soeben lese ich die Nachricht, dass Mauricio Kagel verstorben ist. Allen Musikfreunden mit einem Hang zur modernen Musik wird er ein Begriff sein. Kagel gehörte zu den Komponisten, die ich immer noch nicht musikalisch näher kennengelernt habe, obwohl sie auf meiner "mentalen Liste" stehen. Nach Karlheinz Stockhausen ist Mauricio Kagel nun schon der zweite Komponist, mit dem mir das so ergeht. Hat jemand von Euch Erfahrungen mit Kagels Musik? Viele Grüße, Mellus |
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op111
Moderator |
#171 erstellt: 22. Sep 2008, 06:57 | |||
Hallo zusammen,
Es geht mir ähnlich, wenn ich auch seit längerer Zeit (etwa seit "Ludwig van") wiederholt einzelne Werke gehört/erlebt habe. Bei Kagel-Konzerten habe ich einige Male erlebt, wie Humor und Komik der Werke auch Hörer begeisterten, die neuer Musik eher ablehnend gegenüberstehen. |
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Mellus
Stammgast |
#172 erstellt: 24. Sep 2008, 13:01 | |||
Hey, Du kennst den Film? Das ist das Werk, das ganz oben auf meiner Kagelwunschliste steht, klar, als "alter" (-> "wie alt seid ihr?" ) Beethovenfan. Was hältst Du von "Ludwig van"? Bisher habe ich nur gelesen, dass es eine Dekonstruktion der Beethovenmythisierung sein soll. Viele Grüße, Mellus |
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Martin2
Inventar |
#173 erstellt: 07. Okt 2008, 23:11 | |||
Der Stammtisch verödet. Schade. Habt ihr Eure Vermögen in der jetzigen Finanzkrise schon unter das Kopfkissen gepackt? Oder doch am besten alles in Klassik CDs angelegt, bestimmt in der jetzigen finanziellen Krise eine sichere Anlage? [Beitrag von Martin2 am 07. Okt 2008, 23:41 bearbeitet] |
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AladdinWunderlampe
Stammgast |
#174 erstellt: 08. Okt 2008, 00:15 | |||
Da will ich doch gleich gegensteuern und noch ein paar Takte zur traurigen Nachricht zum Tod Mauricio Kagels beisteuern. Auch wenn es der natürliche Lauf der Welt ist, kann es einen schon ein bißchen melancholisch stimmen, dass von der kompositorisch ungewöhnlich fruchtbaren Generation der zwischen 1918 und 1928 geborenen Komponisten, die nach dem zweiten Weltkrieg mit großem Elan und noch größerer Phantasie die Neue Musik geprägt hat, inzwischen kaum noch einer übrig ist. Bernd Alois Zimmermann, Luigi Nono, Luciano Berio, Iannis Xenakis, György Ligeti, Karlheinz Stockhausen und nun auch Mauricio Kagel sind bereits verstorben, so dass nur noch Klaus Huber, Henri Pousseur und Pierre Boulez als Figuren und Zeugen dieser musikgeschichtlich großartigen Aufbruchszeit geblieben sind und uns hoffentlich noch ein wenig erhalten bleiben. Zwar steht mir das meiste aus dem umfangreichen Schaffen Kagels aus allerlei Gründen eher fern; aber gerade den oben genannten Film "Ludwig van" kann ich nur jedem Musikliebhaber unumwunden empfehlen - allein der entsetzlich verrauchte "Internationale Frühschoppen" zum todernsten Thema "Wird Beethoven missbraucht?" mit abenteuerlichen Statements unter anderem von Heinz-Klaus Metzger in einer grandiosen Selbstparodie (jedenfalls will ich das hoffen!) sowie die unendlich langsam abgespulte Waldsteinsonate der methusalemesk gealterten Elly Ney unseligen Angedenkens sind grandiose Zeugnisse von Kagels teils mehrbödig-anarchischem Humor. Überhaupt finde ich persönlich dass die Filme insgesamt den interessantesten Teil von Kagels Schaffen ausmachen. Zu empfehlen sind neben "Ludwig van" unter anderem auch die Kurzfilme "MM 51" und "Antithese". Und "Ludwig van" gibt es mittlerweile auch als DVD: (Winter & Winter N° 915 006-7) Herzliche Grüße Aladdin [Beitrag von AladdinWunderlampe am 08. Okt 2008, 06:43 bearbeitet] |
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Mellus
Stammgast |
#175 erstellt: 08. Okt 2008, 06:55 | |||
Beide Filme sind, neben weiteren, bei UbuWeb sogar als Stream anschaubar. Viel Vergnügen, Mellus PS: Aladdin, schön wieder mehr von Dir zu lesen! |
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op111
Moderator |
#176 erstellt: 08. Okt 2008, 11:09 | |||
um den Verfall des Vermögens mache ich mir keine Sorgen, schließlich schrumpft auch das mit dem (-)Vorzeichen und der roten Farbe. Hauptsache der Strom für die Wiedergabegeräte ist gesichert. |
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op111
Moderator |
#177 erstellt: 08. Okt 2008, 13:49 | |||
Danke für diesen Link! |
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Mellus
Stammgast |
#178 erstellt: 08. Okt 2008, 21:08 | |||
Das:
gehört ja wohl in diesen Thread! Ich, als unparteiischer, objektiver Fußballbeocbachter, finde, dass Leverkusen den Titel verdient hat. Die waren schon so oft kurz davor und zeigen regelmäßig den besten Fußball (aus spielerischer Sicht) der Liga. Dumm nur, dass auf der anderen Seite manchmal destruktive Spielverderber stehen, die zu 85% der Schönheit zuschauen (bzw. ausgeliefert sind), mit 15% Ballbesitz aber dennoch ein unverdientes Tor erzielen und gewinnen. Diesen nahezu romantischen Tod des Schönen an der Wirklichkeit erebnisorientierenden Fußballs kann ein HSVler natürlich nicht nachvollziehen. Grüße, Mellus |
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op111
Moderator |
#179 erstellt: 08. Okt 2008, 21:42 | |||
abgelehnt, wenn dann nur der VFL Bochum |
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Hüb'
Moderator |
#180 erstellt: 12. Okt 2008, 16:40 | |||
Sach' mal Franz, kommst Du nicht aus GE? Und dann sowas? |
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op111
Moderator |
#181 erstellt: 13. Okt 2008, 07:43 | |||
Nicht alle Münchner zieht's zum Oktoberfest. [Beitrag von op111 am 13. Okt 2008, 16:49 bearbeitet] |
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Hüb'
Moderator |
#182 erstellt: 13. Okt 2008, 18:34 | |||
Schäm Dich! |
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op111
Moderator |
#183 erstellt: 14. Okt 2008, 10:42 | |||
weitere Fundsache:
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Mellus
Stammgast |
#184 erstellt: 18. Okt 2008, 14:03 | |||
In Bonn findet zur Zeit die Schachweltmeisterschaft statt. Diesmal wieder als Zweikampf. Es stehen sich der Russe Vladimir Kramnik und der Inder Vishwanathan Anand gegenüber. Letzterer hat gestern in einer wirklich spannenden und bis zu Kramniks in Zeitnot begangenem dramatischem Fehler auch hochklassischen Partie einen vollen Punkt einfahren können. Aktuell läuft die vierte von insgesamt zwölf Partien. Verfolgt hier jemand den Wettkampf? 64 schwarz-weiße Grüße, Mellus |
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Martin2
Inventar |
#185 erstellt: 18. Okt 2008, 15:54 | |||
Hallo Mellus, nein, ich verfolge sie nicht. Gibts da irgendeine Seite im Internet, wo man life dabei sein kann? An sich interessiert mich Schach schon ein bißchen, habe mal eine kurze Zeit im Verein gespielt, wo ich allerdings eher mittelmäßig war; es ist frustrierend zu sehen, das andere das viel besser können. Aber ein bißchen interessiert mich Schach schon noch. Ich denke nur, daß ich viel zu blöd für Schach bin, um solche Partien würdigen zu können. Gruß Martin |
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Kings.Singer
Inventar |
#186 erstellt: 18. Okt 2008, 18:52 | |||
Schach... Ich gehöre zu der Sorte Mensch, die beim Spiel gegen den Schachcomputer (z.B. beim Mitgelieferten unter Windows Vista) schon bei Stufe 0 in wenigen Zügen verlieren. Dabei war ich in Mathe in der Schule eigentlich immer gut bis sehr gut. |
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Martin2
Inventar |
#187 erstellt: 18. Okt 2008, 20:33 | |||
Hallo Alex, Schach hat auch was mit Wissen zu tun. Kauf Dir eine Einführung ins Schach, meinetwegen die vom Tarrasch, und arbeite die durch, dann wirst Du schon halbwegs passabel Schach spielen können. Zu mehr braucht es Talent, das haben aber vermutlich weder Du noch ich in ausreichendem Maße. Aber vielleicht ist es ganz gut, dieses Talent nicht zu haben. Ich habe einen sehr guten Freund, der hat dieses Talent und in seiner Jugend und auch später einige schöne Erfolge gefeiert ( Vizemeister von Essen, Sieger im Hamburger Amateurpokal). Also ein echtes As, aber zur wirklichen Spitze fehlt dann doch noch ein Stückchen und insgesamt sagt er halt auch: Mein Gott, was habe ich mit dem Schach meine Zeit verschleudert. In dieser Gefahr stand ich nie, weil mir dazu einfach das Talent fehlt. Immerhin kann auch ein schlecht begabter Spieler, wenn er ein bißchen Interesse für die Sache mitbringt, nach einer Zeit ganz passabel spielen, aber wenn Du kein Interesse hast: Auch gut, es gibt weiß Gott wichtigeres im Leben! Gruß Martin |
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Kings.Singer
Inventar |
#188 erstellt: 18. Okt 2008, 21:57 | |||
Hi. Will die Diskussion über Schach natürlich nicht unterbinden, aber ich möchte dezent auf meine Signatur verweisen. Ich glaube, dass es hier im Forum parallel zum Schach sicher zu schönen Äußerungen zu dieser Thematik kommen könnte. Ich persönlich empfinde einfach nur Bewunderung bis Dankbarkeit für Herrn Reich-Ranicki. Es war auf der Ebene und in einem solchen Rahmen längst überfällig! Leider habe ich die Runde von gestern Abend verpasst... Viele Grüße, Alex. |
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Martin2
Inventar |
#189 erstellt: 18. Okt 2008, 22:26 | |||
Hallo Alex, Deine neue Signatur ist mir nicht verborgen geblieben. Gut so! Ich finde es gut, wenn jemand von der Medienbedeutung wie Marcel Reich Ranicki mal so einen Eklat bewerkstelligt, der dann zu einer breiteren medialen Diskussion führt. Nun muß ich allerdings sagen, daß ich sowieso kaum Fernsehen sehe. Ab und zu kaufe ich eine Programmzeitschrift, dann schaue ich mal einen schönen Film. Neulich "Good bye Lenin" auf Arte, das war für mich ein absolutes Highlight und ich finde es schade, ihn mir damals nicht im Kino angesehen zu haben. Aber meistens fällt Fernsehen bei mir halt hinten runter. Da schreibe ich doch lieber im Hififorum! Oder höre klassische Musik. Oder lese mal ein gutes Buch. Auch leihe ich mir gerne DVDs aus der Bücherei. Oder, wenn ich mal Fernsehen sehe, sehe ich gerne CNN. Anderseits verstehe ich das Bedürfnis, etwas seichter vielleicht, aber doch gepflegt unterhalten zu werden. Ich kann nur sagen, daß ich da für mich im moment einfach nichts sehe. Als ich vor ein paar Jahren "Das Amt" auf RTL gesehen habe, habe ich das wirklich gerne getan. Das war wirklich gepflegte Unterhaltung. Monk habe ich gelegentlich geguckt. Also dieses gepflegt unterhalten zu werden ist ein Grundbedürfnis, aber ich habe eben sehr oft das Gefühl von absolutem Schrott. Ich habe einfach das Gefühl, daß sich heute ein bestimmter Typus von Unterhaltungsmensch immer mehr nach vorne drängt, der zwar hervorragend gute Stimmung machen kann, aber ansonsten gar nichts drauf hat. Wo bitteschön findet sich im heutigen Fernsehen noch so ein angenehmer Plauderer wie Kulenkampff? Also aus eigener Initiative schaue ich wenig, weil mir da meine Zeit zu schade für ist und selbst wenn man mal das Gefühl für seichte Unterhaltung hat, ist diese dann meistens so seicht und albern und kindisch ( die Gesellschaft infantilisiert immer mehr), daß ich da nur schreiend davon rennen kann. Aber für TV Tips bin ich immer offen! Gruß Martin |
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Mellus
Stammgast |
#190 erstellt: 19. Okt 2008, 17:00 | |||
Nun ist man einmal einen Samstag abend nicht online und schon prasseln die Postings nur so hernieder. Ich greife mal den Schachfaden kurz wieder auf...
Hallo Martin, über dir offizielle Veranstaltungsseite findest Du Links zu Live-Übertragungen. Wenn Du einen Chessbase-Zugang hast kannst Du sogar eine Videoübertragung ansehen (Foidos chess) Am schönsten finde ich persönlich aber die Übertragung bei Spiegel online. Dort gibt es, wenn man die Funktion nicht abstellt, ein akustisches Signal sobald wieder ein Zug ausgeführt wurde. Auch ich bin ein ehemaliger Vereinsspieler. Meine aktive Beschäftigung mit Schach habe ich zwar aus Zeitgründen eingestellt, das Interesse am Spiel ist aber nach wie vor vorhanden. Und so verfolge ich gerne größere Turniere und Wettkämpfe, was durch komfortable Internetübertragungen ja problemlos möglich ist. Kings.Singer, ich kann Dich trösten: gegen Schachcomputer ist kein Kraut mehr gewachsen! Wenn Du ein benutzer- und egofreundliches Programm hast hast es einen "Freundschaftsmodus": dann passt sich die Schach-Engine an Deine Spielstärke an. Das ist nicht so frustierend. Mir ist übrigens ein netter, kleiner Verschreiber in meinem früheren Posting aufgefallen: "hochklassischen Partie". Es war natürlich eine "hochklassige Partie". Das kommt davon, wenn man sich immer im Klassik-Forum und nicht im Klasse-Forum herumtreibt! Viele Grüße, Mellus |
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Klassikkonsument
Inventar |
#191 erstellt: 19. Okt 2008, 20:37 | |||
Ich hatte nie die Geduld mich ins Schachspiel einzuarbeiten. Diese ganzen Eröffnungen und Züge, die berühmt geworden sind, muss man wohl schon lernen. Eigentlich interessant, dass ein solch mathematisches Spiel, das der Computer besser als Menschen beherrscht, gleichzeitig soviel empirisches historisches Material voraussetzt. Ich habe nur mal die Zug-Arten der Figuren gelernt, und dann haben wir zuhause halt rudimentär gespielt. Aber früher gab es doch im NDR 3-Fernsehen "Schach dem Großmeister", wo parallel zum laufenden Match, nochmal in einer Computer-Grafik gezeigt wurde, was gerade auf dem Brett passiert und vielleicht noch passieren könnte. Das habe ich ganz gerne geguckt. Da habe ich auch mal den Anand gesehen. Ich habe gerade kein Fernsehen. Daher habe ich von dem Reich-Ranicki-Eklat auch erst im Nachhinein gehört, und im Deutschlandfunk den Satz, den Alex jetzt als Signatur hat. Auf jeden Fall ist da wohl noch mal was erfrischend Unerwartetes passiert. Ich habe Reich-Ranickis Kritik gar nicht genau mitbekommen, aber sicherlich kann man einen gewissen Verfall der Fernseh-Inhalte feststellen: Kulenkampff bediente in seinem Europa-Quiz "Einer wird gewinnen" auch noch das Bildungsbürger-Publikum mit Ausschnitten aus klassischen Dramen (die man, glaub' ich, erraten sollte), hatte daneben aber auch eine charmante, hedonistische Art und brachte lockere (leider auch nicht immer ganz unsexistische) Sprüche, über die nach dem Wochenende ein großer Teil der Bevölkerung diskutierte. Geradezu erschreckend finde ich "Wer wird Millionär?" im Vergleich zu "Der Große Preis" mit Wim Thoelke, wo die Kandidaten sich vor allem in ihren Hobby-Interessensgebieten zu beweisen hatten. Insofern hat Thoelke im Verein mit Wum & Wendelin noch ein wenig die autonome Bildung hochgehalten. Bildung und Wissen sind ja auch heute in aller Munde. Aber Jauch stellt nur nach der Wahrscheinlichkeit des richtig beantwortet Werdens ausgewählte Fragen. Demnach beweisen sich Bildung und Wissen in einem möglichst breitspektrigen Aufsaugen und Aufsagen von Informationsatomen. Ein eigenes Interesse am Inhalt des Gewussten ist da eher hinderlich. Um aber nicht einfach die gute alte Dekadenz-Leyer zu kurbeln, muss ich sagen, dass mir "Genial daneben" ganz gut gefällt. Ich meine, mit diesem Monster-Beitrag habe ich mich erstklassisch als Kandidat für "Deutschland sucht den Super-Fernsehkritiker" qualifiziert. |
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Martin2
Inventar |
#192 erstellt: 19. Okt 2008, 21:13 | |||
Hallo! Ja blöde Kulturkritik will ich auch nicht betreiben. Vieles wird ja auch besser. Außerdem habe ich übers Fernsehen so überhaupt keinen Überblick, weil ich's äußerst selten gucke. Aber das hat vielleicht auch Gründe. Äußerst geil finde ich es, mir aus der Hamburger Bücherhalle DVDs auszuleihen. Da kann man dann auch mal englischsprachige Filme ausleihen und sie englisch mit englischen Untertiteln sehen, aber dann natürlich auch auf deutsch. Es gibt einfach Dinge in dieser sogenannte Alltagskultur, die ich einfach nur bizarr finde. Also alle Fernsehzeitschriften haben sich offensichtlich darauf fest gelegt - und vermutlich nicht nur die - das auf das Titelblatt einer Fernsehzeitung eine junge hübsche Frau gehört. Vor einem himmelblauen Hintergrund. Und möglichst blond. Resultat ist dann für mich, daß ich, von grundsätzlich zerstreutem Wesen, Fernsehzeitungen verwechsle weil sie eh alle gleich aussehen. Es ist anzunehmen, daß für die nächsten zweitausend Jahre auf Covern deutscher Fernsehzeitungen nur hübsche blonde Mädchen vor himmelblauen Hintergrund erscheinen, denn daß das ein Verkaufsschlager ist, ist mit derselben Sicherheit erwiesen, wie, daß der Mensch vom Affen abstammt. Es gibt so Gebiete, wo ich diese Massenkultur einfach albern finde. Äußerst erfrischend fände ich es, wenn auf den Covern deutscher Programmzeitschriften mal nicht ein hübsches blondes Mädchen vor himmelblauem Hintergrund erschiene, sondern ein häßlicher alter Mann. Marcel Reich Ranicki als Covergirl, das würde ich, nachdem mir hübsche blonde Mädchen vor himmelblauem Hintergrund nun gründlich zum Hals raus hängen, äußerst erotisch finden. Wiegesagt: Ich mag keine Kulturkritik und Adorno konnte ich nie leiden. Da bin ich vermutlich mit mit Klassikkonsument ganz auf einer Linie. Alles wird schlechter? Alles wird besser! Nur die Schablonenhaftigkeit deutschen Kultumanagments - und wohin Manager uns gebracht haben, haben wir ja an den Banken gesehen - finde ich einfach abstoßend amüsant, wobei es dann doch immer wieder brilliante Leute gibt, die das vorgesehene Raster durchaus mit Witz und Geist zu füllen verstehen. Und Marcel Reich Ranicki "Ich werfe Euch den Preis vor die Füße" war einfach toll, weil wir einfach zuviele Dinge erleben, wo alles passiert, wie man es erwartet hatte. Gruß Martin [Beitrag von Martin2 am 19. Okt 2008, 21:16 bearbeitet] |
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Klassikkonsument
Inventar |
#193 erstellt: 19. Okt 2008, 22:50 | |||
Hallo Martin,
vielleicht war es ein Missverständnis. Kulturkritik finde ich nicht generell verkehrt. Oft ist sie halt vom pessimistischen Urteil à la "Untergang des Abendlandes" geprägt und rümpft über die einfache Unterhaltung die Nase. Gegen Unterhaltung ist nichts zu sagen, und die meisten Menschen haben schlicht keine Zeit für Kunst. Ich finde es abstoßend, wenn sich Leute, die mehr Zeit und Kraft haben, sich auch noch z.B. mithilfe von Kultur über andere erheben. Und Adorno hat leider nicht einfach hingeschrieben, was er dachte, sondern es bereits vorausgesetzt. Wahrscheinlich weil er durch zu vieles Nietzsche-Lesen zu einem Zweifel am stringenten Gedanken gelangte. Damit bot er allen, auch völlig unkritisch, an Geisteswissenschaften Interessierten die Möglichkeit sein Werk als Zitat-Steinbruch zu missbrauchen und sich werweißwie elitär vorzukommen. Dabei ist Adorno im Kulturindustrie-Kapitel in der Dialektik der Aufklärung gar nicht so elitär. Die "niedere" proletarische Kultur, die natürlich keine Kunst, sondern einfach Unterhaltung ist, kommt bei ihm gar nicht so schlecht weg. Schlimmer findet er die Kulturindustrie, die sich wohl nicht zuletzt über die modernen Massenmedien (Film, Schallplatte, Radio, Fernsehen) ausdrückt. Medien für die Massen haben zweifellos den Nachteil, dass technisch vereinheitlichte Inhalte den Konsumenten vor den Latz geknallt werden. Insofern ist ja in der letzten Zeit, die Adorno nicht mehr erleben konnte, tatsächlich einiges besser geworden: Das Fernsehen alter Prägung löst sich gegenüber der Möglichkeit auf, sich sein Programm nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten. Und mithilfe von Internet-Foren und Blogs kann man weitaus besser an öffentlichen Debatten teilnehmen und Eigenes veröffentlichen als noch vor 20 Jahren. Viele Grüße |
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Mellus
Stammgast |
#194 erstellt: 20. Okt 2008, 06:29 | |||
Den Auftritt von Marcel Reich-Ranicki habe ich auch nicht im Fernsehen gesehen. Wer schaut sich auch freiwillig eine Preisverleihung an? Und insofern kann ich die kritische Bemerkung, Reich-Ranicki hätte vorher wissen können, worauf er sich einlässt, durchaus nachvollziehen. Die gesamte Skandalrede kann man sich glücklicherweise bei youtube ansehen: Wie sich der alte Mann mit erhobenem Zeigefinger von den übrigen Preisträgern distanziert ("Ich gehöre nicht in diese Reihe"); wie er die Produkte der anwesenden Fernsehmacher als "Blödsinn" abkanzelt; und wie er den Preis verschmäht. Das war schon gut, hatte auch etwas Befreiendes, das bestimmt vielen Zuschauern aus der Seele gesprochen hat (ansonsten wäre die überwältigende, in der Regel zustimmende Resonanz nicht zu erklären). Zugleich hat MRR aber auch beispielsweise Sendungen auf Arte und 3Sat (zumindest früher mal) gelobt. Reich-Ranicki hat also nicht das Medium Fernsehen verteufelt. Ich verstehe seine Rede am liebsten als Rüffel und Ermahnung vor allem der beiden großen öffentlich-rechtlichen Sender, ARD und ZDF, nicht vollständig niveaulos zu werden. Womit wir wieder beim Grundversorgungsauftrag und der GEZ wären. Und eine Diskussion darüber halte ich wirklich für nötig und hoffe, dass Reich-Ranickis Brandrede Feuer dafür liefert. Ob Reich-Ranicki der geeignete Mann für die von ihm vorgebrachte Kritik ist, darf dennoch angezweifelt werden. Die Literaturkritiker unter Euch dürfen mich gerne eines besseren belehren, aber ich kann mir nicht vorstellen dass das, was MRR in seiner Literatursendung veranstaltet hat, Literaturkritik war. Es war bloß die möglichst unterhaltsame und herrische Artikulation davon, ob MRR ein Buch nun für gut oder schlecht (gab es jemals ein differenzierteres Drittes?) hält. Und damit ist es durchaus ein Beispiel für das, was er selbst in seiner Preisverleihungsrede beanstandet hat. Es sollte aber auch mal Thomas Gottschalk gewürdigt werden. Zwar gilt er als Verkörperung des Bösen im Fernsehen, aber wie er die Preisverleihung gerettet hat, muss man wohl sagen, zeugt schon davon, dass er sein Handwerk versteht. Einem Moderator minderer Begabung wäre der Abend aus dem Ruder gelaufen oder in Peinlichkeit versackt -- und dann bestimmt herausgeschnitten worden, war ja eine Aufzeichnung; so brachte der "Skandal" sogar noch Quote. Viele Grüße, Mellus |
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Mellus
Stammgast |
#195 erstellt: 20. Okt 2008, 06:47 | |||
Ach, ich schiebe gleich noch ein Posting hinterher, weil es so wunderbar passt. Es gibt ja auch noch den Klassik-Echo. Gerade gelesen:
[Beitrag von Mellus am 20. Okt 2008, 06:48 bearbeitet] |
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Kings.Singer
Inventar |
#196 erstellt: 20. Okt 2008, 07:22 | |||
Hallo Leute. Wer sich bzgl. Reich-Ranicki nachträglich noch auf den Stand der Dinge bringen will, dem habe ich hier ein paar YouTube-Videos zusammengesucht:
Hoffe, dass das Gespräch mit Gottschalk da auch vollständig hochgeladen wurde. Konnte das heute früh leider nicht mehr kontrollieren. Viele Grüße, Alex. [Beitrag von Kings.Singer am 20. Okt 2008, 07:22 bearbeitet] |
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Martin2
Inventar |
#197 erstellt: 20. Okt 2008, 15:49 | |||
Hallo Klassikkonsument, ich sehe das schon ein bißchen skeptischer. Ich finde die Möglichkeiten des Internet absolut faszinierend. Allerdings glaube ich kaum, daß sich Massenmedien "auflösen". Der Videodownload wird allerdings zunehmen. In der Tat sind die ganzen unbegrenzten Möglichkeiten des Internetzeitalters bezüglich einer breiten Masse weitgehend für die Katz. Das Internet bedeutet, daß Menschen, die ohnehin schon immer besser informiert waren, sich jetzt noch besser informieren. Die breite Masse wird weiterhin die Bild lesen und mit dem Internet ziemlich wenig anzufangen wissen. Und selbst was Foren anbetrifft, gibt es auch da Foren einer ausgeprägten Desinformiertheit, die im grunde nichts anderes als ein virtueller Stammtisch sind ( nicht ein Stammtisch wie dieser hier). Aber ich persönlich und sicher als auch Du wissen das Internet überaus zu schätzen, weil es einem auch ein Stück Ohnmacht weg nimmt, mit der man früher bestimmten Medien quasi "ausgeliefert" war. Gruß Martin |
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Klassikkonsument
Inventar |
#198 erstellt: 20. Okt 2008, 16:24 | |||
Also, ein Literaturprof meinte mal, dass MRR durchaus ein zuverlässiger Kritiker ist: Wenn er ein Buch verreißt, kann man's kaufen. |
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Klassikkonsument
Inventar |
#199 erstellt: 20. Okt 2008, 16:34 | |||
Hallo Martin,
zu euphorisch braucht man über das Internet nicht zu sein. Und wer weiß, was vielleicht noch an neuen Zugangsbeschränkungen eingeführt wird. Aber mit seinen Möglichkeiten passt sich dieses neue Medium besser an individuelle Bedürfnisse an und macht eine Debatte möglich wie sie so öffentlich gar nicht vorstellbar war. Viele Grüße |
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Mellus
Stammgast |
#200 erstellt: 20. Okt 2008, 16:35 | |||
Und das arme Buch kann leider nicht sagen: "Ich nehme diesen Verris nicht an!" |
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Martin2
Inventar |
#201 erstellt: 20. Okt 2008, 18:39 | |||
Ich bin nicht euphorisch, ich bin fasziniert. Doch, das Internet fasziniert mich wirklich. Mich faszinieren so kleine Projekte. Einer macht da eine so kleine Homepage auf und schreibt da seine persönlichen Gedanken rein und so ein paar Dutzend Leute interessiert es doch. Gibt so tolle Seiten wie diese Istanbul Post, ganz kleines Projekt, daß es sich zur Aufgabe gesetzt hat, auf deutsch über die Türkei zu berichten. Werde dem mal so einen kleinen Obulus spenden. Ich bin erst seit 99 dabei, vielleicht hätte ich noch früher dabei sein sollen. Ich bin halt 47. Zur Schule gegangen bin ich in den 70ern. Und wir hatten damals tatsächlich schon Taschenrechner! Aber auch erst in späteren Jahren. Unheimlich teure Apparate, die die Schule angeschafft hat. Der SR 56 von Texas Instruments. Komisch daß man gewisse Dinge dann doch nicht vergißt. Von dieser vollkommenen Computersierung durch eine PC Wunderwelt und das Internet hätte doch damals keiner zu träumen gewagt. Wiegesagt: Mich fasziniert das. Dieses kleine verdienstvolle Projekt, daß da möglich ist. Ich fürchte nur, daß die Leute, die überhaupt bereit sind, danach zu suchen, äußerst rar gesäht sind. Mich fasziniert eben auch, wie das Internet unsere Kultur immer mehr prägt. Anderseits ist das Internet vermutlich auch eine Versuchung. Mit einem Brief an den fernen Freund gibt man sich vielleicht Mühe, aber eine Mail bleibt da vielleicht kurz und schnoddrig. So ist das leider auch. Anderseits frage ich mich eben machmal auch, warum Internetangebote nicht mehr genutzt werden. Klassikhörer etwa sind zweifellos eine Minderheit. Aber keine ganz kleine. Und doch laufen hier in diesem Forum doch nur sehr wenig Leute auf, die Lust haben, sich an einer Diskussion überhaupt zu beteiligen. Obwohl es nicht viele Klassikforen gibt und keines, das in solcher Weise wie dieses geprägt ist. Und das finde ich dann schon schade. Dabei ist dieses Forum gar nicht elitär. Es sei denn es würde schon als elitär gelten, wenn man sagt: Gib Dir mal ein bißchen Mühe. Ich finde aber, wenn man erwartet, daß andere Leute die eigenen Beiträge lesen, kann man auch erwarten, daß sich die Schreibenden ein bißchen Mühe geben. Locker bleiben soll es trotzdem. Anderseits schreibe ich dann auch mal mehr, weil ich das Forum irgendwie am Leben erhalten möchte. Und hier sind halt ein paar Leute, die sich wirklich Mühe geben. Zum Beispiel mit diesen Rätseln. Oder auch einfach, indem man ein Bild der CD reinkopiert. Aber vielleicht auch, indem man seinen Beitrag noch mal kurz redigiert. Mache ich aber auch nicht immer, weil ich auch viel schreibe und weil dieses Forum überhaupt lebendig zu erhalten, schon eine Aufgabe ist. |
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